News 20.  03. 2002

"Schächten" von Tierarzt untersagt: Linzer Muslime gehen vor Gericht

Der Verfassungsgerichtshof soll in einem Präzedenzfall entscheiden, ob ein Verbot des Schächtens eine "Einschränkung der Religionsfreiheit" darstellt. Das fordern Muslime in Oberösterreich. Veterinär-Landesrat Achatz spricht im Zusammenhang mit Schächten von Tierquälerei.

Schächten ist die rituelle Schlachtung von Tieren, die im Islam und im Judentum angewendet wird. Dabei wird ein Tier mit einem raschen Kehlschnitt getötet. Damit das Tier so weit wie möglich ausbluten kann, erfolgt das Schächten ohne Betäubung. Verfechter dieser Schlachtungsart verweisen darauf, dass das Tier ohnehin sofort das Bewusstsein verliere, Tierschützer hingegen sprechen von einem qualvollen Tod.

Verfassungsgerichtshof soll entscheiden

Die Diskussion, ob das Schächten in Österreich generell erlaubt oder verboten werden soll, spitzt sich nun zu. Linzer Muslime haben jetzt einen Präzedenzfall geschaffen, damit die Sache ausjudiziert werden kann. Eine Anzeige gegen einen oberösterreichischen Amtstierarzt, der das Schächten untersagte, wird vorbereitet. Vor allem aber rufen die Muslime den Verfassungsgerichtshof an. Das Schächten ist in Österreich durch die Landestierschutzgesetze grundsätzlich verboten, in einigen Bundesländern gibt es jedoch Ausnahmen für rituelles Schlachten. In Oberösterreich gibt es keine Ausnahmeregelung. Die Muslime jedoch bestehen auf das Recht auf Religionsfreiheit.

"Plattform Islam" wollte Schächten

Drei Vertreter einer neu gegründeten "Plattform Islam" - einer von ihnen ist ein ausgebildeter Schächter - sprachen am Montag dieser Woche in einem Linzer Schlachthof vor und begehrten, einen Stier durch Schächten zu töten. Es sei sogar, so Ahmed Rusznak als Sprecher der Plattform, in dem Schlachthof eine spezielle "Schächttrommel" vorhanden, die als die schonendste Art der Schlachtung anzusehen sei. Diese "Schächttrommel" sei bis heute nicht verwendet worden, so Rusznak. Auch am Montag kam es nicht dazu.

Amtstierarzt hat Schächten untersagt

Während die Schlachthofbediensteten keinen Einwand gegen das Schächten gehabt hätten, habe der anwesende Amtstierarzt dies mit Hinweis auf das Schächtungsverbot in Oberösterreich untersagt, so Rusznak. Nach längeren Diskussionen mussten die Muslime unverrichteter Dinge wieder abziehen. "Damit ist aber juristisch gesehen der Präzedenzfall gegeben", sagte der Plattform-Sprecher, "denn nun können wir vom Verfassungsgerichtshof feststellen lassen, dass das Schächtungsverbot gegen die Freiheit der Religionsausübung verstößt".

Klage wird vorbereitet

Nun wollen die Muslime noch diese Woche einen "Individualantrag" beim Verfassungsgerichtshof einbringen. Ziel des Antrags wird die Aufhebung des Schächtungsverbots in Oberösterreich sein.

Achatz: Kein Mensch hat das Recht, Tiere zu quälen

Es sei ein rechtlich zulässiger Vorgang, wenn die Muslime den Verfassungsgerichtshof anrufen, "ich bin aber der Auffassung, dass sich kein Mensch das Recht herausnehmen kann, Tiere zu quälen, auch nicht im Zuge der Religionsausübung". Das erklärte Oberösterreichs Veterinär-Landesrat Hans Achatz (FPÖ) zu den neuerlichen Diskussionen um das Schächten.

Es gehe auch mit Betäubung

Die Tiere würden beim Schächten ohne Betäubung große Qualen leiden. Es gebe aber gesetzlich die Möglichkeit, das Tier dann zu schächten, wenn es kurz zuvor betäubt wurde. Das stehe mit dem muslimischen Ritus im Einklang, sagte Achatz. Dies bestätige auch die Tatsache, dass in Oberösterreich auf diese Weise - also mit einer Betäubung - zahlreiche Rinder geschlachtet werden, die dann in muslimische Länder exportiert werden. Das geschehe unter Aufsicht und mit Zustimmung muslimischer Geistlicher, so Achatz.

 

 

 
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