Deutschland: Katholische Kirche kämpft mit dramatischem Priestermangel
Die katholische Kirche in Deutschland kämpft mit einem dramatischen
Priestermangel. Immer weniger junge Männer entscheiden sich für einen
geistlichen Beruf.
"Im vergangenen Jahr hat die Zahl der Neupriester erneut einen
Tiefstand erreicht", sagt Rainer Birkenmaier, Leiter des Zentrums für
Berufspastoral in Freiburg. An diesem Sonntag will die katholische Kirche
eine Gegenoffensive starten. Anlass ist der 39. Weltgebetstag für
geistliche Berufe. Der Tag steht unter dem Leitwort "Berufung entfalten
- ganz persönlich". Zum Weltgebetstag veröffentlicht das im Auftrag
der Deutschen Bischofskonferenz arbeitende Zentrum für Berufspastoral eine
neue Statistik. In den deutschen Diözesen sind demnach im vergangenen Jahr
153 Neupriester und Ordensmänner geweiht worden. Zusätzlich erhielten 31
Ordensmänner die Priesterweihe. Das sind deutlich weniger als im Vorjahr.
2000 waren noch 185 Neupriester und Ordensmänner geweiht worden.
Jährlich kaum mehr als hundert Neupriester in Deutschland?
Im langfristigen Vergleich ist der Rückgang noch drastischer. 1990
wurden in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland 366 Neupriester
und Ordensmänner geweiht, in den Jahren 1991 und 1992 waren es jeweils 329.
Seither gehen die Zahlen deutlich zurück. Birkenmaier geht davon aus, dass
sich die Zahl der Weihen in den kommenden Jahren bei jährlich 110
Neupriestern einpendeln wird. Ebenfalls deutlich zurückgegangen ist die
Zahl der Priesterkandidaten. Im vergangenen Jahr schlugen 1105 junge Männer
den Weg zum Priesterberuf ein. 1990 waren es noch 2876, im Jahr 1986 sogar
3627.
Liegen geistliche Berufe nicht mehr im Trend?
Einen massiven Einbruch verzeichnet die Kirche auch bei den
Gemeindereferenten. "Die geistlichen Berufe liegen nicht mehr im
Trend", sagt Erwin Schmidt, Leiter der Diözesanstelle Berufe der
Kirche im Erzbistum Freiburg. Priesteranwärter müssten heutzutage mit
heftigem Gegenwind rechnen. Besonders der Zölibat, also die vorgeschriebene
Ehelosigkeit, werde von vielen Angehörigen der Priesterkandidaten
kritisiert. Bei den Kandidaten selbst spiele die Enthaltsamkeit dagegen nur
eine untergeordnete Rolle. Ihnen gehe es vielmehr um den Sinn ihrer
Tätigkeit. Nach Schmidts Ansicht ist ein Teil des kirchlichen
Nachwuchsproblems hausgemacht. "In den Pfarrgemeinden muss viel mehr
unternommen werden", meint er. Pfarrer und Gemeindereferenten sollten
engagierte Jugendliche direkt ansprechen und auf die Möglichkeit eines
geistlichen Berufs hinweisen. Die Diözesen müssten den Priesterkandidaten
Orientierungshilfen geben. "Die Kirche muss stärker als bisher raus zu
den Menschen", sagt Schmidt.
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