News 10. 05. 2002

Russland: Kampagne gegen römisch-katholische Kirche?

Katholische Bischöfe in Russland beklagen eine "Kampagne" gegen ihre Kirche. Aus Sorge, keine Wieder-Einreisegenehmigung zu erhalten, hat der katholische Bischof der südrussischen Diözese Saratow, Kliment Pickel, eine Reise in die Schweiz abgesagt.

Pickel, der aus Deutschland stammt und nicht russischer Staatsbürger ist, befürchtet ein Wiedereinreiseverbot, wie es im April dem Bischof von Irkutsk, Georgij (Jerzy) Mazur, widerfuhr. Die rund 1,3 Millionen Katholiken in den vier Diözesen Russlands sehen sich seit einigen Monaten zunehmenden Anfeindungen ausgesetzt. Die orthodoxe Kirche beansprucht die kirchenrechtliche Oberhoheit über das gesamte russische Territorium. Die katholischen Bischöfe beklagen eine regelrechte Kampagne gegen ihre Kirche. Bischof Pickel hätte laut "Kathpress" auf Einladung der Schweizer Sektion des internationalen Hilfswerks "Kirche in Not" in Luzern zu einer Vortragstournee in die Schweiz reisen sollen. Wegen der jetzigen Situation hat er nun aber darauf verzichtet. Der Bischof von Saratow traf seine Entscheidung nach Rücksprache mit dem Moskauer Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz, dem Vorsitzenden der russischen katholischen Bischofskonferenz, und mit Erzbischof Georg Zur, dem Apostolischen Nuntius in Moskau. Beide waren der Meinung, dass derzeit eine "freiwillige" Ausreise aus Russland für Pickel "zu riskant" wäre. Pickel lebt seit 1990 als Priester in Russland und ist seit 1998 Bischof. Öffentliche Anfeindungen durch das Moskauer Patriarchat und dessen Ortsbischöfe blieben nicht ohne Folgen, erklärte Bischof Pickel zur aktuellen Lage. "Strengste Kontrollen unserer Gemeinden und Einrichtungen durch die Justizbehörden" würden durchgeführt. Auch würden in Schulen und Betrieben "antikatholische Unterschriftensammlungen" durchgeführt und in den Zeitungen gebe es eine "Flut übelster, katholikenfeindlicher Reportagen".

Hoffnung auf gemeinsames Gebet von Orthodoxen und Katholiken

Die Diözese Saratow hat 42 Millionen Einwohner, wovon 35.000 katholisch sind; für die Seelsorge der Katholiken stehen insgesamt nur 39 Priester zur Verfügung. Er könne es angesichts dieser kleinen Zahl von Seelsorgern nicht verantworten, seiner Diözese für einige Wochen den Rücken zu kehren, ohne die Gewissheit zu haben, zurückkehren zu dürfen, erklärte Pickel. Die derzeit sehr gespannte Lage sei dennoch "keine Sackgasse", meint der Bischof von Saratow. Die russisch-orthodoxe Kirche bleibe trotz allem eine "Schwesterkirche". Ihn berühre schmerzlich, dass sich die orthodoxe Kirche mit ihrem Verhalten derzeit "vor ihren eigenen wirklich gläubigen Mitgliedern blamiert". Er hoffe, dass der "Unrat", der in diesen Wochen aufgedeckt worden sei, den "Reinigungsprozess" der orthodoxen Kirche beschleunige. Pickel: "Eines Tages werden wir miteinander sprechen und, was noch wichtiger ist, miteinander beten". Derzeit sei es den orthodoxen Christen Russlands verboten, gemeinsam mit den Katholiken zu beten.

Weiterhin keine Antwort Russlands im "Fall Mazur"

Der Vatikan hat sich unterdessen erstaunt über das Schweigen der russischen Behörden im Zusammenhang mit dem ausgewiesenen Bischof Mazur geäußert. Man habe unmittelbar danach den russischen Außenminister um Erklärungen gebeten, warum Mazur die Wiedereinreise verweigert worden war, sagte Vatikan-Sprecher Joaquin Navarro-Valls. "Mit Überraschung muss man feststellen, dass auch nach zwei Wochen noch keine Antwort mit den verlangten Informationen eingegangen ist", fügte er hinzu. Dem Bischof in Irkutsk war Mitte April trotz gültiger Papiere am Moskauer Flughafen an der Wiedereinreise aus seinem Heimatland Polen gehindert worden. Das polnische Außenministerium hat offiziell bei der OSZE protestiert.

 

 

 
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