Russland: Kampagne gegen römisch-katholische Kirche?
Katholische Bischöfe in Russland beklagen eine "Kampagne"
gegen ihre Kirche. Aus Sorge, keine Wieder-Einreisegenehmigung zu erhalten,
hat der katholische Bischof der südrussischen Diözese Saratow, Kliment
Pickel, eine Reise in die Schweiz abgesagt.
Pickel, der aus Deutschland stammt und nicht russischer Staatsbürger
ist, befürchtet ein Wiedereinreiseverbot, wie es im April dem Bischof von
Irkutsk, Georgij (Jerzy) Mazur, widerfuhr. Die rund 1,3 Millionen Katholiken
in den vier Diözesen Russlands sehen sich seit einigen Monaten zunehmenden
Anfeindungen ausgesetzt. Die orthodoxe Kirche beansprucht die
kirchenrechtliche Oberhoheit über das gesamte russische Territorium. Die
katholischen Bischöfe beklagen eine regelrechte Kampagne gegen ihre Kirche.
Bischof Pickel hätte laut "Kathpress" auf Einladung der Schweizer
Sektion des internationalen Hilfswerks "Kirche in Not" in Luzern
zu einer Vortragstournee in die Schweiz reisen sollen. Wegen der jetzigen
Situation hat er nun aber darauf verzichtet. Der Bischof von Saratow traf
seine Entscheidung nach Rücksprache mit dem Moskauer Erzbischof Tadeusz
Kondrusiewicz, dem Vorsitzenden der russischen katholischen
Bischofskonferenz, und mit Erzbischof Georg Zur, dem Apostolischen Nuntius
in Moskau. Beide waren der Meinung, dass derzeit eine
"freiwillige" Ausreise aus Russland für Pickel "zu
riskant" wäre. Pickel lebt seit 1990 als Priester in Russland und ist
seit 1998 Bischof. Öffentliche Anfeindungen durch das Moskauer Patriarchat
und dessen Ortsbischöfe blieben nicht ohne Folgen, erklärte Bischof Pickel
zur aktuellen Lage. "Strengste Kontrollen unserer Gemeinden und
Einrichtungen durch die Justizbehörden" würden durchgeführt. Auch
würden in Schulen und Betrieben "antikatholische
Unterschriftensammlungen" durchgeführt und in den Zeitungen gebe es
eine "Flut übelster, katholikenfeindlicher Reportagen".
Hoffnung auf gemeinsames Gebet von Orthodoxen und Katholiken
Die Diözese Saratow hat 42 Millionen Einwohner, wovon 35.000 katholisch
sind; für die Seelsorge der Katholiken stehen insgesamt nur 39 Priester zur
Verfügung. Er könne es angesichts dieser kleinen Zahl von Seelsorgern
nicht verantworten, seiner Diözese für einige Wochen den Rücken zu
kehren, ohne die Gewissheit zu haben, zurückkehren zu dürfen, erklärte
Pickel. Die derzeit sehr gespannte Lage sei dennoch "keine
Sackgasse", meint der Bischof von Saratow. Die russisch-orthodoxe
Kirche bleibe trotz allem eine "Schwesterkirche". Ihn berühre
schmerzlich, dass sich die orthodoxe Kirche mit ihrem Verhalten derzeit
"vor ihren eigenen wirklich gläubigen Mitgliedern blamiert". Er
hoffe, dass der "Unrat", der in diesen Wochen aufgedeckt worden
sei, den "Reinigungsprozess" der orthodoxen Kirche beschleunige.
Pickel: "Eines Tages werden wir miteinander sprechen und, was noch
wichtiger ist, miteinander beten". Derzeit sei es den orthodoxen
Christen Russlands verboten, gemeinsam mit den Katholiken zu beten.
Weiterhin keine Antwort Russlands im "Fall Mazur"
Der Vatikan hat sich unterdessen erstaunt über das Schweigen der
russischen Behörden im Zusammenhang mit dem ausgewiesenen Bischof Mazur
geäußert. Man habe unmittelbar danach den russischen Außenminister um
Erklärungen gebeten, warum Mazur die Wiedereinreise verweigert worden war,
sagte Vatikan-Sprecher Joaquin Navarro-Valls. "Mit Überraschung muss
man feststellen, dass auch nach zwei Wochen noch keine Antwort mit den
verlangten Informationen eingegangen ist", fügte er hinzu. Dem Bischof
in Irkutsk war Mitte April trotz gültiger Papiere am Moskauer Flughafen an
der Wiedereinreise aus seinem Heimatland Polen gehindert worden. Das
polnische Außenministerium hat offiziell bei der OSZE protestiert.
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