Frauen im Sudan kämpfen gegen Beschneidung und Kopftuchzwang
Als "unerträglich" bezeichnen Frauen im Sudan zahlreiche
Vorschriften des islamistischen Regimes. Ein Bericht von Anne-Beatrice
Clasmann, dpa.
Amna Abderrahman Hassan kämpft in ihrer Heimat Sudan seit mehreren
Jahren gegen die ebenso grausame wie gesundheitsgefährdende Beschneidung
der Mädchen. Doch seit einigen Wochen bläst ihr und ihren Mitstreiterinnen
ein scharfer Wind aus dem islamisch-fundamentalistischen Lager entgegen.
"Am 22. Mai hatte eine Gruppe muslimischer Studentinnen in Omdurman
zusammen mit dem Religionsministerium eine Gesprächsrunde veranstaltet, bei
der sie für eine neue, angeblich auf das islamische Recht gestützte
Methode der Frauenbeschneidung eintraten, bei der man der Frau die Klitoris
entfernt", erzählt Amna. "Das ist zwar harmloser als die so
genannte pharaonische Beschneidung, die im Sudan oft praktiziert wird, aber
trotzdem schlimm für die Betroffenen."
Religiöse Rechtfertigung für Frauenbeschneidung
Amna ist selbst eine gläubige Muslimin und trägt seit ihrer Pilgerfahrt
nach Mekka ein eng anliegendes Kopftuch unter ihrem Gewand. Sie und die
anderen Frauen vom "Nationalen sudanesischen Komitee für schädliche
traditionelle Praktiken" halten die religiöse Rechtfertigung für
Frauenbeschneidung, die in mehreren afrikanischen Staaten in
unterschiedlicher Form praktiziert wird, für sehr gefährlich. Denn sobald
die Regierung in Khartum - ein Zweckbündnis aus Militärs, islamischen
Hardlinern und den drei einflussreichsten Stämmen des Nordens - etwas
offiziell für "islamisch" erklärt hat, wird es enorm schwierig,
sich öffentlich dagegen aufzulehnen. Vor allem die sudanesischen Mädchen
und Frauen leiden unter den vielen Vorschriften und Verboten des
islamistischen Regimes.
"Gesellschaftspolizisten" drücken manchmal ein Auge zu
Zwar werden manche dieser Regeln in der letzten Zeit und vor allem seit
der Entmachtung des fundamentalistischen Chefideologen Hassan Tourabi nicht
mehr konsequent durchgesetzt. Einige der so genannten
Gesellschaftspolizisten, die von den Vorschriften selbst nicht so überzeugt
sind, drücken manchmal ein Auge zu. Die Gesetze sind aber immer noch da,
und wenn ein Polizist eine Christin oder eine liberal eingestellte Muslimin
schikanieren will, die in Hosen und ohne Kopftuch zur Universität kommt,
dann kann er das jederzeit tun. "Ich finde, die Kopftuch-Frage sollte
nicht vom Staat entschieden werden", meint Amna und spricht damit aus,
was vielen Sudanesen - auch Männer - denken, die in der Religion eher eine
Privatsache sehen.
Mehr Freiheiten für Frauen aus dem Westen
Ausländerinnen gegenüber zeigt sich der sudanesische Staat toleranter.
Zwar gelten auch hier bestimmte Tabus, wie der Wäschezettel eines Hotels in
Khartum zeigt, auf dem sich die Inhaber dafür entschuldigen, dass sie keine
Damenunterwäsche annehmen können. Doch westliche Frauen können in Khartum
unbelästigt ohne Kopftuch spazieren gehen. Das gilt auch für koptische
Christinnen. "Die Polizei belästigt immer nur die schwarzen Mädchen -
mich halten sie nie auf der Straße an, denn ich bin weiß", erklärt
eine sudanesische Koptin, die in einem der Souvenirgeschäfte der Hauptstadt
Holzschnitzereien verkauft. Die junge Frau, die bei der Arbeit eine Hose und
eine kurzärmelige Bluse trägt, findet das ganz normal. "Sicher,
irgendwie ist das schon rassistisch", räumt sie ein, allerdings ohne
einen Anflug von Betroffenheit. Nach Ansicht von amnesty international (ai)
haben die Frauen unter dem Bürgerkrieg und der Politik des
Islamisten-Regime besonders zu leiden, das 1989 durch einen Militärputsch
an die Macht gekommen war. Die Menschenrechtsorganisation prangert vor allem
die Verschleppung der Frauen aus dem Süden, die Vergewaltigung von Frauen
durch Soldaten und Kämpfer auf beiden Seiten sowie die Einschränkung der
Rechte der Frauen an.
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