Vatikan:
Vereinte Nationen als Weltautorität notwendig
Der
Vertreter des Heiligen Stuhls am UNO-Sitz Genf verweist auf die Illegalität
der einseitigen Gewaltanwendung. Radio Vatikan und "Osservatore
Romano" verschärfen ihre Kritik an der amerikanischen Haltung.
Der
Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UNO in Genf, Erzbischof Diarmuid
Martin, hat die Rolle der Vereinten Nationen als Welt-Autorität betont.
Nach Ansicht des Vatikans bewege sich jeder Staat, der sich einseitig zur
Anwendung der Gewalt entschließt, "außerhalb der internationalen
Legitimität", betonte Martin mit Blick auf den Irak-Konflikt. Zudem müssten
Staatschefs in Demokratien ihre Entscheidungen plausibel darstellen. Niemand
dürfe sich in einer so dramatischen Lage auf Geheimdienstinformationen
berufen, sagte Martin mit Blick auf die USA bei einer Veranstaltung der
Katholischen Akademie in Berlin.
Erste
Verantwortung bei Saddam Hussein
Der
Erzbischof warnte erneut vor einem Waffengang. Er betonte zugleich, dass die
erste Verantwortung für die Krise auch nach den Worten von Papst Johannes
Paul II. beim irakischen Staatschef Saddam Hussein liege. Martin
unterstrich, die katholische Kirche habe trotz aller Friedensappelle nie auf
die Theorie des gerechten Krieges verzichtet. Ziel sei aber stets die
Vermeidung eines Waffengangs. In jedem Fall dürfe Krieg aber nur auf der
Grundlage der Legalität geführt werden. Beim Kampf gegen den Terrorismus
handelt es sich laut Martin um eine neue Art des Krieges.
Radio
Vatikan
Der
Generaldirektor von Radio Vatikan, Pater Pasquale Borgomeo, sagte in einem
Kommentar, wer vor Gott und der Geschichte die Verantwortung für die
Entscheidung zum Krieg übernehme, solle sich davor hüten, dies im Namen
der westlichen Werte oder gar im Namen Gottes zu tun. Der Jesuit
unterstrich, wegen der unterbliebenen UN-Resolution fehle einem Irak-Krieg
nicht nur die moralische Rechtfertigung, sondern auch die formale
Legitimierung. In der öffentlichen Meinung mache sich der Eindruck breit,
dass die Welt an einem Scheidepunkt ihrer Geschichte mit neuen Ordnungen und
neuen Szenarien stehe.
"Abenteuer
ohne Wiederkehr"
Die
Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" bezeichnete im Kommentar
ihrer Mittwoch-Ausgabe den Irak-Krieg als ein "Abenteuer ohne
Wiederkehr" bezeichnet, in das die Menschheit von den Entscheidungsträgern
geführt werde. Diese könnten aber nicht umhin, die Mahnungen des Papstes
zu hören, der als "Wächter des Friedens" seine Stimme erhoben
habe.
E-Mails
und Faxe für Papstreise nach Bagdad
Im
Vatikan treffen derzeit Tausende von E-Mails und Faxbriefen aus aller Welt
ein, in denen der Papst zu einer Reise nach Bagdad aufgefordert wird. Wie
vatikanische Quellen berichteten, kommen die Schreiben vor allem aus dem
asiatischen Raum, aber auch aus Europa und anderen Erdteilen. Die Absender
bitten Johannes Paul II., durch einen Aufenthalt in Bagdad einen militärischen
Angriff auf den Irak zu verhindern. Da der Papst selbst per Fax oder E-Mail
nicht zu erreichen ist, treffen die Botschaften bei verschiedenen
Abteilungen der Kurie ein. Unter Vatikan-Beobachtern gilt eine
Friedensmission des Papstes in letzter Minute jedoch als unwahrscheinlich.
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