News 19. 03. 2003

Vatikan: Vereinte Nationen als Weltautorität notwendig

Der Vertreter des Heiligen Stuhls am UNO-Sitz Genf verweist auf die Illegalität der einseitigen Gewaltanwendung. Radio Vatikan und "Osservatore Romano" verschärfen ihre Kritik an der amerikanischen Haltung.

Der Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UNO in Genf, Erzbischof Diarmuid Martin, hat die Rolle der Vereinten Nationen als Welt-Autorität betont. Nach Ansicht des Vatikans bewege sich jeder Staat, der sich einseitig zur Anwendung der Gewalt entschließt, "außerhalb der internationalen Legitimität", betonte Martin mit Blick auf den Irak-Konflikt. Zudem müssten Staatschefs in Demokratien ihre Entscheidungen plausibel darstellen. Niemand dürfe sich in einer so dramatischen Lage auf Geheimdienstinformationen berufen, sagte Martin mit Blick auf die USA bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie in Berlin.

Erste Verantwortung bei Saddam Hussein

Der Erzbischof warnte erneut vor einem Waffengang. Er betonte zugleich, dass die erste Verantwortung für die Krise auch nach den Worten von Papst Johannes Paul II. beim irakischen Staatschef Saddam Hussein liege. Martin unterstrich, die katholische Kirche habe trotz aller Friedensappelle nie auf die Theorie des gerechten Krieges verzichtet. Ziel sei aber stets die Vermeidung eines Waffengangs. In jedem Fall dürfe Krieg aber nur auf der Grundlage der Legalität geführt werden. Beim Kampf gegen den Terrorismus handelt es sich laut Martin um eine neue Art des Krieges.

Radio Vatikan

Der Generaldirektor von Radio Vatikan, Pater Pasquale Borgomeo, sagte in einem Kommentar, wer vor Gott und der Geschichte die Verantwortung für die Entscheidung zum Krieg übernehme, solle sich davor hüten, dies im Namen der westlichen Werte oder gar im Namen Gottes zu tun. Der Jesuit unterstrich, wegen der unterbliebenen UN-Resolution fehle einem Irak-Krieg nicht nur die moralische Rechtfertigung, sondern auch die formale Legitimierung. In der öffentlichen Meinung mache sich der Eindruck breit, dass die Welt an einem Scheidepunkt ihrer Geschichte mit neuen Ordnungen und neuen Szenarien stehe.

"Abenteuer ohne Wiederkehr"

Die Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" bezeichnete im Kommentar ihrer Mittwoch-Ausgabe den Irak-Krieg als ein "Abenteuer ohne Wiederkehr" bezeichnet, in das die Menschheit von den Entscheidungsträgern geführt werde. Diese könnten aber nicht umhin, die Mahnungen des Papstes zu hören, der als "Wächter des Friedens" seine Stimme erhoben habe.

E-Mails und Faxe für Papstreise nach Bagdad

Im Vatikan treffen derzeit Tausende von E-Mails und Faxbriefen aus aller Welt ein, in denen der Papst zu einer Reise nach Bagdad aufgefordert wird. Wie vatikanische Quellen berichteten, kommen die Schreiben vor allem aus dem asiatischen Raum, aber auch aus Europa und anderen Erdteilen. Die Absender bitten Johannes Paul II., durch einen Aufenthalt in Bagdad einen militärischen Angriff auf den Irak zu verhindern. Da der Papst selbst per Fax oder E-Mail nicht zu erreichen ist, treffen die Botschaften bei verschiedenen Abteilungen der Kurie ein. Unter Vatikan-Beobachtern gilt eine Friedensmission des Papstes in letzter Minute jedoch als unwahrscheinlich.

 

 

 

 
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