News 12. 05. 2003

Vor tausend Jahren starb Papst Silvester II.

In der Zeit der turbulenten ersten christlichen Jahrtausendwende galt er als Universalgenie: Papst Silvester II., der vor tausend Jahren - am 12. Mai 1003 - gestorben ist.

Durch die Gründung der Erzdiözesen Gniezno (Gnesen) und Esztergom (Gran) trug er mit dazu bei, dass das Ringen zwischen Ost- und Westkirche um Polen und Ungarn letztlich zu Gunsten Roms ausfiel. Silvester regierte nur vier Jahre; und doch zählt sein Pontifikat zu den wichtigeren des Mittelalters.

Ruf eines "Zauberers"

Gerbert von Aurillac, nach 940 in der Auvergne geboren, war ein Mann von außergewöhnlicher Bildung. Der Wissensdurst und die Originalität des Benediktiners wurde schon bald überregional bekannt. In Katalonien studierte er, wohl auch bei muslimischen Lehrern, neben Dichtkunst, Musik und Philosophie Naturwissenschaften, Mathematik und Astronomie - vor den Kreuzzügen sensationelle Kenntnisse im christlichen Abendland, die ihm sogar den Ruf eines "Zauberers" einbrachten. Nach 972 wurde er die geistige Autorität und bald auch Leiter der renommierten Kathedralschule in Reims, wo er sich schließlich auf ein bedenkliches Intrigenspiel um den dortigen Bischofsstuhl einließ.

Dreiecksgeschichte

Dort entspann sich nun eine interessante Dreiecksgeschichte. Der junge König Otto III. (982-1002), der von einer Erneuerung der römischen Kaiser- und Reichsidee in enger Verbindung mit dem Papsttum träumte, hatte 996 seinen 24-jährigen Verwandten Bruno von Kärnten zum Papst gemacht. Als Gregor V. krönte dieser zwar Otto pflichtschuldig zum römischen Kaiser, machte sich danach jedoch rasch von ihm unabhängig. In seinem Bemühen um die Durchsetzung der Primatsrechte Roms stellte der junge Papst fest, dass Gerbert von Aurillac, inzwischen Vertrauter und bald auch Lehrer und Berater des Kaisers, unkanonisch zum Erzbischof von Reims gewählt worden war. Gerbert verwahrte sich zwar gegen die päpstliche "Einmischung", musste Reims jedoch schließlich 996 unrühmlich verlassen. Als Trostpflaster verschaffte ihm Otto III. die Berufung auf den Erzbischofsstuhl von Ravenna. Als dann Gregor V. im Frühjahr 999 jung starb, bestimmte der Kaiser den fast 60-jährigen Gerbert zum neuen Papst.

Name mit Programm

Schon die Namenswahl war Programm: Pate sollte das legendäre Einvernehmen zwischen Kaiser Konstantin dem Großen und dem römischen Bischof Silvester I. (314-335) stehen. Schon bald verfocht nun Gerbert als Papst Silvester II. vehement jene Rechte, die er als Erzbischof seinem päpstlichen Vorgänger bestritten hatte. Zahlreiche Urkunden sind Nachweise seiner Tatkraft als Reformer; er verurteilte Ämterkauf und Vetternwirtschaft und schärfte den Zölibat ein. Widerstrebende Bischöfe wurden streng gemaßregelt. Bei der Wiederherstellung des spätantiken christlich-römischen Reiches (renovatio imperii) blieb der Ältere freilich Juniorpartner und ausführendes Organ des jungen Kaisers. Auch bei der legendären "Ost-Erweiterung" Europas der Jahre 1000/01 war Otto III. die treibende Kraft. Die Gründung der Erzdiözesen Gniezno und Esztergom, die Eingliederung Polens und Ungarns in die westliche Völkerfamilie waren aber eine gemeinsame Leistung von Papst und Kaiser. Doch wie sehr Papst Silvester bei seiner Reform von der Macht des Kaisers abhing, zeigte sich im Februar 1001, als beide vor einem römischen Stadtaufstand fliehen mussten. Während Otto III. im Jänner 1002 jung an Malaria starb, durfte Silvester II. zwar bald darauf zurückkehren. Von einer "Renovatio imperii" konnte jedoch keine Rede mehr sein: Der einst umtriebige und scharfsinnige Staatsmann führte nur mehr seine laufenden Amtsgeschäfte und verhielt sich ansonsten still. Am 12. Mai 1003 starb er, der Wegbereiter von Rechenschieber, Orgel, Erd- und Himmelsglobus, im hohen Alter. Der Papst hat Frankreich zur Rückbesinnung auf sein religiöses Erbe im europäischen Kontext aufgerufen. In einer Ansprache an eine Gelehrtendelegation aus der Auvergne sagte Johannes Paul II. am Wochenende, er wolle das französische Volk ermuntern, aus seinen "spirituellen Wurzeln" die Elemente zu schöpfen, die es für seine eigene Existenz und für ein solidarisches Leben in Europa brauche. Diese Wurzeln seien "eine wesentliche Dimension der europäischen Identität", ihre prägende Kraft zeige sich in Kunst, Kultur, Recht und Philosophie des Kontinents.

 

 

 

 
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