Vatikanische
Geste des Entgegenkommens gegenüber Traditionalisten
Der kolumbianische
Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos hat mit einer Messfeier nach dem
vorkonziliaren Ritus von 1962 ein Zeichen der Verständigungsbereitschaft
gegenüber den Anhängern des verstorbenen exkommunizierten französischen
Erzbischofs Marcel Lefebvre gesetzt.
Der
Kardinal, der als Vorsitzender der Kommission "Ecclesia Dei" für
die Beziehungen zu den Traditionalisten zuständig ist, feierte die Messe
laut Kathpress in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore. Hunderte Gläubige
aus unterschiedlichen Ländern sowie mehrere Kardinäle und Bischöfe nahmen
an dem Gottesdienst teil, der von großem Medieninteresse begleitet wurde.
Ursprünglich hatte es Gerüchte gegeben, bei dem Gottesdienst werde die
Exkommunikation der lefebvristischen Bischöfe aufgehoben und die
Kirchengemeinschaft mit den Traditionalisten wiederhergestellt. Die
italienische Presse hatte seit Monaten gemeldet, die
Traditionalisten-Bewegung, die wesentliche Beschlüsse des Zweiten
Vatikanischen Konzils und den Ökumenismus ablehnt, werde offiziell in den
Schoß der Kirche zurückkehren.
Tridentinischer Ritus
Die
Traditionalisten feiern den Gottesdienst nach dem tridentinischen Ritus, der
die Verwendung der lateinischen Sprache in der Liturgie vorschreibt. Sie
lehnen Volksaltar und Handkommunion strikt ab. Zu Beginn der Messe wurde ein
von Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano unterzeichnetes Grußwort des
Papstes verlesen, in dem Johannes Paul II. seine geistliche Nähe zu den
Versammelten bekundete und sie seines Segens versicherte. In seiner Predigt
ging Castrillon auch auf das Thema des Ritus von 1962 ein. Er sagte, der
alte tridentinische Ritus könne nicht als "erloschen" betrachtet
werden. Er habe ebenso wie die östlichen Riten ein "Bürgerrecht"
innerhalb der katholischen Kirche. Was die Riten eine, sei der gemeinsame
Glaube.
Exkommunikation Lefebvres
Lefebvre,
ehemaliger Erzbischof von Dakar (Senegal) und Tulle (Frankreich), war 1976
von Papst Paul VI. "a divinis" suspendiert und 1988 von Johannes
Paul II. exkommuniziert worden, nachdem er ohne Erlaubnis des Papstes vier
Bischöfe für seine Traditionalisten-Bruderschaft St. Pius X. weihte, deren
Zentrale sich in Econe im Schweizer Kanton Wallis (Valais) befindet. Die
Bruderschaft hat rund 200.000 Anhänger in 39 Staaten, darunter auch in Österreich.
Ein Teil der Traditionalisten folgte Lefebvre, der 1991 verstarb, und seinen
Bischöfen nicht in das Schisma; für ihre seelsorgliche Betreuung wurde die
Petrus-Bruderschaft geschaffen. Kardinal Castrillon Hoyos pflegt das Gespräch
mit verständigungsbereiten Strömungen unter den Lefebvre-Traditionalisten.
Im Vorjahr konnte der Kardinal einen Teilerfolg erzielen: Der
lefebvristische Bischof von Campos (Brasilien) kehrte mit seinem ganzen
Klerus, den Gläubigen und Ordenskommunitäten in die Gemeinschaft der
katholischen Kirche zurück. Der Heilige Stuhl errichtete für diese
Traditionalisten die Apostolische Personaladministratur Sao Joao Maria
Vianney.
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