Designergewänder für katholische Priester
Die deutsche katholische Kirche will "Gebetssäcke"
durch modische Gewänder ersetzen. Deshalb gibt es einen Designerwettbewerb
für liturgische Gewänder.
Nur
widerwillig schlüpfen viele deutsche - und österreichische - Messdiener in
ihre unförmigen und sogar in Kirchenkreisen als "Gebetssäcke"
bespöttelten Gewänder. Seit Jahrhunderten gehören Alben, Talare, Stolen
oder die Casula - das Messgewand des Priesters - zur kirchlichen
Anzugsordnung. Bisher haben Modetrends um die Kleiderschränke der
Sakristeien stets einen Bogen gemacht. Mit einem bisher einmaligen
Designerwettbewerb will die Kirche jetzt Modedesign als Werbung in eigener
Sache entdecken.
Körperbetonte
Schnitte
"Nur
wer sich wohlfühlt, in dem, was er anhat, kann authentisch handeln und wird
in der Rolle akzeptiert", sagt der Theologe Andreas Poschmann vom
Deutschen Liturgischen Institut in Trier, der Kirchenzentrale zur Förderung
des Gottesdienstes in Deutschland. Es gibt Preisgelder in der Höhe von insgesamt 11.500 Euro für
die schönsten Stücke. Besondere Aufgaben im Gottesdienst bräuchten
eine besondere Kleidung, führt Poschmann aus. "Kirche ist kein Museum
- wir brauchen einfach gescheite und körperbetonte Schnitte, moderne Stoffe
sowie Farben."
Frauen
wünschen feminine Formen
"Besonders
Frauen wollen feminine Formen, die ihrem Körper entsprechen - dem muss die
Kirche Rechnung tragen", sagt Poschmann. Pastoralreferentinnen etwa,
die einen Trauergottesdienst leiten, wüssten bisweilen nicht, was sie
anziehen sollen, ohne lächerlich zu erscheinen.
Ganze
Kollektionen
Zivile
Kleidung passt aber kaum zu diesen Anlässen. Modedesigner, Textilhersteller
und Künstler sind deshalb aufgerufen, bis Mitte November Einzelteile oder
ganze Kollektionen zu entwerfen - wetterfest und pflegeleicht. Und sogar
Architekten können mitwirken. Gefragt ist etwa ihre Meinung, wie
liturgische Gewänder in großen Sälen oder auf freien Flächen
wahrgenommen werden.
Sterben
der Paramentenindustrie
Seit
dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor 40 Jahren sind schöne Brokatstoffe mit
ihrer Farbenfreude out. Nach Recherchen der Krefelder Kunsthistorikern
Brigitte Tietzel führte dies zu einem großen Sterben der
Paramentenindustrie, die Textilien für Gottesdienste herstellt. "Wir
haben jetzt die Chance, mit dem Wettbewerb einen Trend zu setzen und für
mehr Einheit in der kirchlichen Kleiderordnung zu sorgen", sagt die
Leiterin des Deutschen Textilmuseums in Krefeld. Hier sollen die Designerstücke
begutachtet, ausgezeichnet und im Februar ausgestellt werden.
Kirchliche
Modemuffel
Der
Kölner Paramentenmacher Wolfgang Stracke hofft, dass auch die kirchlichen
Modemuffel den neuen Trends folgen. "Es gibt viele Priester und Bischöfe,
die kaum auf ihr Aussehen achten", berichtet Stracke. Der
Gestaltungswettbewerb könne das Kleidungsbewusstsein fördern. Und schließlich
habe die europäische Kirche mit ihren Stilen in den einzelnen Epochen immer
auch die christliche Mode in Missionsländern beeinflusst.
Kirchenhierarchie
muss erkennbar sein
In
den Kleidern muss die Kirchenhierarchie erkennbar sein, aber vor allem der
feierliche Charakter", betont Wettbewerbsleiter Poschmann. Als Grundton
für die Gottesdienste gelte nach wie vor Weiß, aber Schattierungen seien möglich.
Violett etwa ist die Farbe des Advents, Rot steht für Pfingsten und Grün für
die übrige Zeit. Schon jetzt wähnen sich die Organisatoren einer großen
Resonanz sicher. Beim bisher letzten Wettbewerb des Instituts 1997 waren
liturgische Gefäße wie Schalen und Kelche gefragt - rund 150 Exponate aus
etwa 17 Ländern kamen zusammen. Einige gingen in die Produktion und wurden
über einschlägige Versandkataloge verkauft.
Wiener
Dompfarrer begeistert
Der
Wiener Dompfarrer Toni Faber hat sich zum Designerwettbewerb sehr positiv
geäußert. Er ist seit Jahren ein Verfechter modischer Gewänder in der
Kirche. "Ich habe mit vielen jungen Menschen gesprochen, und die
meinen, dass vieles in der Kirche - in der Musik, in der Architektur und in
der Kleidung - langweilig ist. Die liturgische Kleidung soll zum Anlass
passend ein gewisses Lebensgefühl zum Ausdruck bringen. Was vor 100 Jahren
modisch war, ist oft heute nicht mehr modisch. Es sollen kostbare und
wertvolle Gewänder sein. Ich habe zum Beispiel für die schöne
Firmungsmesse eine regenbogenfärbige Casel getragen. Die Buntheit und
Lebendigkeit passt vielleicht besser zur Kraft des Heiligen Geistes, die ich
für die jungen Menschen erbeten habe."
Link:
Deutsches Liturgisches
Institut
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