News 25. 06. 2003

Designergewänder für katholische Priester

Die deutsche katholische Kirche will "Gebetssäcke" durch modische Gewänder ersetzen. Deshalb gibt es einen Designerwettbewerb für liturgische Gewänder.

Nur widerwillig schlüpfen viele deutsche - und österreichische - Messdiener in ihre unförmigen und sogar in Kirchenkreisen als "Gebetssäcke" bespöttelten Gewänder. Seit Jahrhunderten gehören Alben, Talare, Stolen oder die Casula - das Messgewand des Priesters - zur kirchlichen Anzugsordnung. Bisher haben Modetrends um die Kleiderschränke der Sakristeien stets einen Bogen gemacht. Mit einem bisher einmaligen Designerwettbewerb will die Kirche jetzt Modedesign als Werbung in eigener Sache entdecken.

Körperbetonte Schnitte

"Nur wer sich wohlfühlt, in dem, was er anhat, kann authentisch handeln und wird in der Rolle akzeptiert", sagt der Theologe Andreas Poschmann vom Deutschen Liturgischen Institut in Trier, der Kirchenzentrale zur Förderung des Gottesdienstes in Deutschland. Es gibt Preisgelder in der Höhe von insgesamt 11.500 Euro für die schönsten Stücke. Besondere Aufgaben im Gottesdienst bräuchten eine besondere Kleidung, führt Poschmann aus. "Kirche ist kein Museum - wir brauchen einfach gescheite und körperbetonte Schnitte, moderne Stoffe sowie Farben."

Frauen wünschen feminine Formen

"Besonders Frauen wollen feminine Formen, die ihrem Körper entsprechen - dem muss die Kirche Rechnung tragen", sagt Poschmann. Pastoralreferentinnen etwa, die einen Trauergottesdienst leiten, wüssten bisweilen nicht, was sie anziehen sollen, ohne lächerlich zu erscheinen.

Ganze Kollektionen

Zivile Kleidung passt aber kaum zu diesen Anlässen. Modedesigner, Textilhersteller und Künstler sind deshalb aufgerufen, bis Mitte November Einzelteile oder ganze Kollektionen zu entwerfen - wetterfest und pflegeleicht. Und sogar Architekten können mitwirken. Gefragt ist etwa ihre Meinung, wie liturgische Gewänder in großen Sälen oder auf freien Flächen wahrgenommen werden.

Sterben der Paramentenindustrie

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor 40 Jahren sind schöne Brokatstoffe mit ihrer Farbenfreude out. Nach Recherchen der Krefelder Kunsthistorikern Brigitte Tietzel führte dies zu einem großen Sterben der Paramentenindustrie, die Textilien für Gottesdienste herstellt. "Wir haben jetzt die Chance, mit dem Wettbewerb einen Trend zu setzen und für mehr Einheit in der kirchlichen Kleiderordnung zu sorgen", sagt die Leiterin des Deutschen Textilmuseums in Krefeld. Hier sollen die Designerstücke begutachtet, ausgezeichnet und im Februar ausgestellt werden.

Kirchliche Modemuffel

Der Kölner Paramentenmacher Wolfgang Stracke hofft, dass auch die kirchlichen Modemuffel den neuen Trends folgen. "Es gibt viele Priester und Bischöfe, die kaum auf ihr Aussehen achten", berichtet Stracke. Der Gestaltungswettbewerb könne das Kleidungsbewusstsein fördern. Und schließlich habe die europäische Kirche mit ihren Stilen in den einzelnen Epochen immer auch die christliche Mode in Missionsländern beeinflusst.

Kirchenhierarchie muss erkennbar sein

In den Kleidern muss die Kirchenhierarchie erkennbar sein, aber vor allem der feierliche Charakter", betont Wettbewerbsleiter Poschmann. Als Grundton für die Gottesdienste gelte nach wie vor Weiß, aber Schattierungen seien möglich. Violett etwa ist die Farbe des Advents, Rot steht für Pfingsten und Grün für die übrige Zeit. Schon jetzt wähnen sich die Organisatoren einer großen Resonanz sicher. Beim bisher letzten Wettbewerb des Instituts 1997 waren liturgische Gefäße wie Schalen und Kelche gefragt - rund 150 Exponate aus etwa 17 Ländern kamen zusammen. Einige gingen in die Produktion und wurden über einschlägige Versandkataloge verkauft.  

Wiener Dompfarrer begeistert

Der Wiener Dompfarrer Toni Faber hat sich zum Designerwettbewerb sehr positiv geäußert. Er ist seit Jahren ein Verfechter modischer Gewänder in der Kirche. "Ich habe mit vielen jungen Menschen gesprochen, und die meinen, dass vieles in der Kirche - in der Musik, in der Architektur und in der Kleidung - langweilig ist. Die liturgische Kleidung soll zum Anlass passend ein gewisses Lebensgefühl zum Ausdruck bringen. Was vor 100 Jahren modisch war, ist oft heute nicht mehr modisch. Es sollen kostbare und wertvolle Gewänder sein. Ich habe zum Beispiel für die schöne Firmungsmesse eine regenbogenfärbige Casel getragen. Die Buntheit und Lebendigkeit passt vielleicht besser zur Kraft des Heiligen Geistes, die ich für die jungen Menschen erbeten habe."

 

 

Link:

 

Deutsches Liturgisches Institut

 

 
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