News 08. 07. 2003

Amerikanische „Öko-Christen“ starten Kampagne gegen das Autofahren

"Was würde Jesus fahren?" So lautet das provokante Motto eines Werbe-Kreuzzugs in den USA, mit dem ein christlicher Umweltschutzverein Auto fahrende Gläubige jetzt zum Umsteigen auf Busse, Bahnen oder Energie sparende Autos bewegen will. Ein Bericht von Heike Schmidt /dpa.

Christen hätten einen moralischen Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, glaubt der Geschäftsführer des Vereins Evangelical Environmental Network (EEN), Jim Ball. Daran soll sie ein 30-Sekunden-Fernsehspot erinnern, der bislang in vier Bundesstaaten ausgestrahlt wurde. "Zu viele der Autos, Last- und Geländewagen, für die wir uns entscheiden, verpesten die Luft, erwärmen die Erdatmosphäre, verändern das Wetter und gefährden unsere Gesundheit", heißt es darin. Dies sei unvereinbar mit dem biblischen Leitsatz "Liebe Deinen Nächsten".

„Missionstour“

Dem 1993 gegründeten EEN aus Wynnewood im US-Bundesstaat Pennsylvania gehören 23 christliche Organisationen an - darunter Kirchen meist evangelischer Konfessionen, Hilfsorganisationen und Umweltschutzverbände. Die Kampagne wird durch private Spenden und mit Hilfe anderer gemeinnütziger Vereine finanziert. Dazu gehört auch eine "Missionstour" durch elf Städte in acht Bundesstaaten, die die Umwelt-Apostel jetzt starteten. Die Wahl des Verkehrsmittels sei keineswegs trivial, sondern wirke sich auf das gesamte Werk Gottes aus, ist Jim Ball überzeugt. Vermeidbare Schäden zu billigen, sei unchristlich. Wer nicht aufs Auto verzichten kann, sollte sich beim Neukauf wenigstens für ein sauberes und sparsames Auto entscheiden.

Autohersteller: „Jesus würde einen Geländewagen fahren“

Die unkonventionelle Werbeaktion trifft bei Autoherstellern auf Unverständnis und Ironie. "Jesus würde einen Geländewagen wählen, damit er auch alle seine Jünger sicher durch die Wüste kutschieren kann", witzelt Eron Shosteck vom Dachverband zehn großer Fahrzeugbauer (Alliance of Automobile Manufacturer). Auch mancher konservativer Kirchenvertreter zeigt sich empört: Jesus mit einer Anti-Geländewagen-Kampagne zu verbinden, grenze an Blasphemie, schimpft Pat Robertson, Gründer des religiösen TV-Senders Christian Broadcasting Network: "Ich betrachte das als einen Scherz."

„Die Welt geht doch sowieso zu Ende“

Die Reaktion der Autofahrer ist gemischt. "In der Offenbarung steht, dass die Welt sowieso zu Ende geht. Da macht ein Benzin schluckendes Allradfahrzeug dann auch keinen Unterschied mehr", schreibt ein Teilnehmer der Diskussionsforen der Öko-Christen im Internet. "Wie viel Sprit braucht eigentlich das "Papa-Mobil", mit dem Papst Johannes Paul II. auf Pilgertour fährt?", will ein anderer wissen. Einige Wenige verlangen die Abschaffung aller Autos, da eigentlich jedes Auto die Atmosphäre vergifte.

Immer mehr „durstige“ Autos

Unterdessen brausen immer mehr durstige Riesenvehikel über amerikanische Straßen. Allradfahrzeuge, Pickups und Minivans beherrschen nach Angaben der Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency heute fast 50 Prozent des Marktes in den USA. Damit hat sich ihr Anteil seit 1983 verdoppelt. Weil deren Spritverbrauch überproportional hoch ist, werden Einsparungen durch technische Verbesserungen in anderen Autoklassen aufgefressen. Deshalb ist der durchschnittliche Benzin-Gesamtverbrauch in den USA seit 1980 nicht weiter gesunken.

Gespräche zeigten keinen Erfolg

Im vergangenen November hatten sich Vertreter des Evangelical Environmental Network und der Autoindustrie getroffen. Gebracht hat das Gespräch jedoch nichts - im Gegenteil. Der enttäuschte Reverend Ball musste kürzlich in der "New York Times" lesen, dass die Ford- Werke sogar erwägen, entgegen ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung die Treibstoff-Effizienz neuer Geländewagen bis 2005 doch nicht wie geplant um 25 Prozent zu erhöhen.

 

 

Link:

What would Jesus drive?

 

 

 
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