Amerikanische „Öko-Christen“ starten Kampagne gegen das Autofahren
"Was würde Jesus fahren?" So lautet das provokante Motto
eines Werbe-Kreuzzugs in den USA, mit dem ein christlicher
Umweltschutzverein Auto fahrende Gläubige jetzt zum Umsteigen auf Busse,
Bahnen oder Energie sparende Autos bewegen will. Ein
Bericht von Heike Schmidt /dpa.
Christen
hätten einen moralischen Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, glaubt der
Geschäftsführer des Vereins Evangelical Environmental Network (EEN), Jim
Ball. Daran soll sie ein 30-Sekunden-Fernsehspot erinnern, der bislang in
vier Bundesstaaten ausgestrahlt wurde. "Zu viele der Autos, Last- und
Geländewagen, für die wir uns entscheiden, verpesten die Luft, erwärmen
die Erdatmosphäre, verändern das Wetter und gefährden unsere
Gesundheit", heißt es darin. Dies sei unvereinbar mit dem biblischen
Leitsatz "Liebe Deinen Nächsten".
„Missionstour“
Dem
1993 gegründeten EEN aus Wynnewood im US-Bundesstaat Pennsylvania gehören
23 christliche Organisationen an - darunter Kirchen meist evangelischer
Konfessionen, Hilfsorganisationen und Umweltschutzverbände. Die Kampagne
wird durch private Spenden und mit Hilfe anderer gemeinnütziger Vereine
finanziert. Dazu gehört auch eine "Missionstour" durch elf Städte
in acht Bundesstaaten, die die Umwelt-Apostel jetzt starteten. Die Wahl des
Verkehrsmittels sei keineswegs trivial, sondern wirke sich auf das gesamte
Werk Gottes aus, ist Jim Ball überzeugt. Vermeidbare Schäden zu billigen,
sei unchristlich. Wer nicht aufs Auto verzichten kann, sollte sich beim
Neukauf wenigstens für ein sauberes und sparsames Auto entscheiden.
Autohersteller: „Jesus würde einen Geländewagen fahren“
Die
unkonventionelle Werbeaktion trifft bei Autoherstellern auf Unverständnis
und Ironie. "Jesus würde einen Geländewagen wählen, damit er auch
alle seine Jünger sicher durch die Wüste kutschieren kann", witzelt
Eron Shosteck vom Dachverband zehn großer Fahrzeugbauer (Alliance of
Automobile Manufacturer). Auch mancher konservativer Kirchenvertreter zeigt
sich empört: Jesus mit einer Anti-Geländewagen-Kampagne zu verbinden,
grenze an Blasphemie, schimpft Pat Robertson, Gründer des religiösen
TV-Senders Christian Broadcasting Network: "Ich betrachte das als einen
Scherz."
„Die Welt geht doch sowieso zu Ende“
Die
Reaktion der Autofahrer ist gemischt. "In der Offenbarung steht, dass
die Welt sowieso zu Ende geht. Da macht ein Benzin schluckendes
Allradfahrzeug dann auch keinen Unterschied mehr", schreibt ein
Teilnehmer der Diskussionsforen der Öko-Christen im Internet. "Wie
viel Sprit braucht eigentlich das "Papa-Mobil", mit dem Papst
Johannes Paul II. auf Pilgertour fährt?", will ein anderer wissen.
Einige Wenige verlangen die Abschaffung aller Autos, da eigentlich jedes
Auto die Atmosphäre vergifte.
Immer mehr „durstige“ Autos
Unterdessen
brausen immer mehr durstige Riesenvehikel über amerikanische Straßen.
Allradfahrzeuge, Pickups und Minivans beherrschen nach Angaben der
Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency heute fast 50 Prozent
des Marktes in den USA. Damit hat sich ihr Anteil seit 1983 verdoppelt. Weil
deren Spritverbrauch überproportional hoch ist, werden Einsparungen durch
technische Verbesserungen in anderen Autoklassen aufgefressen. Deshalb ist
der durchschnittliche Benzin-Gesamtverbrauch in den USA seit 1980 nicht
weiter gesunken.
Gespräche zeigten keinen Erfolg
Im
vergangenen November hatten sich Vertreter des Evangelical Environmental
Network und der Autoindustrie getroffen. Gebracht hat das Gespräch jedoch
nichts - im Gegenteil. Der enttäuschte Reverend Ball musste kürzlich in
der "New York Times" lesen, dass die Ford- Werke sogar erwägen,
entgegen ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung die Treibstoff-Effizienz
neuer Geländewagen bis 2005 doch nicht wie geplant um 25 Prozent zu erhöhen.
Link:
What
would Jesus drive?
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