News 11. 11. 2003

Baden-Württemberg: Kopftuchverbot per Gesetz

Knapp zwei Monate nach dem "Kopftuch-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts (BVG) hat Baden-Württemberg als erstes deutsches Bundesland ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem muslimischen Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuches im Unterricht verboten werden soll.

Der vom Kabinett in Stuttgart am Dienstag beschlossene Entwurf wird Anfang 2004 in den Landtag eingebracht. "Ziel des Gesetzes ist es, staatlichen Lehrkräften das Tragen von Symbolen zu untersagen, die auch als politische Bekundungen gewertet werden können", betonte Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU). Nach Ansicht von Kultusministerin Annette Schavan (CDU) ist das Kopftuch auch ein Symbol "kultureller Abgrenzung" und "Teil der Unterdrückungsgeschichte der Frau".

Kreuz und Kippa aber kein Kopftuch

Laut dem Gesetzesentwurf werden Lehrerinnen in Baden-Württemberg in Zukunft zwar christliche Symbole wie Kreuze tragen dürfen aber kein muslimisches Kopftuch. Auch jüdische Kippas werden an der Schulen weiterhin erlaubt sein. In der Begründung zu dem Gesetz heißt es, aufgrund der Regelung sei das Tragen eines Kopftuchs unzulässig, weil zumindest ein Teil seiner Befürworter damit "eine mindere Stellung der Frau (...) als auch eine fundamentalistische, kämpferische Stellungnahme für ein theokratisches Staatswesen" verbindet. Demgegenüber dürften Lehrer christliche und jüdische Symbole wegen der in der Landesverfassung verankerten "christlichen und abendländischen Erziehungswerte" weiterhin tragen.

Baden-Württemberg: Erziehung gemäß christlichen Werten

Den Vorwurf, einseitig christliche Symbole zu bevorzugen und damit den Vorgaben des BVG nicht zu entsprechen, wiesen Teufel und Schavan zurück. Nach dem Karlsruher Urteil sei es möglich, Schultraditionen, die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung und ihre religiöse Verwurzelung zu berücksichtigen. Zudem formuliere die Landesverfassung klar den Erziehungsauftrag auf der Grundlage christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte. Ob der Gesetzesentwurf allerdings den BVG-Vorgaben genügt, ist umstritten. Das Gericht hatte entschieden, dass die von Lehrern getragenen Symbole ihre jeweiligen Religion im Schulunterricht gleich behandelt werden müssen. Eine Bevorzugung der christlichen oder jüdischen Religion gegenüber der islamischen sieht das Urteil nach Ansicht von Kritikern nicht vor.

Muslime: Verfassungswidrige Unterscheidung

Die Integrationsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), kritisierte das geplante Kopftuchverbot als "integrationspolitisch falsches Signal". "Eine Diskriminierung islamischer Symbole schürt letztlich Konflikte statt sie zu reduzieren", erklärte Beck in Berlin. Die Regelung, muslimische Symbole aus der Schule fernzuhalten, christliche oder jüdische aber zuzulassen, verstoße zudem gegen den vom BVG vorgegebenen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Zentralrat der Muslime bezeichnete den Gesetzesentwurf als verfassunsgwidrig. Er bereite faktisch ein Berufsverbot für kopftuchtragende Lehrerinnen vor, erklärte der Zentralrat in Eschweiler.

Andere Bundesländer wollen folgen

Das Deutsche Bundesverfassungsgericht entschied Ende September, dass muslimischen Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern im Schulunterricht ohne gesetzliche Grundlage nicht verboten werden darf. Anlass für den Gerichtsentscheid war die Klage einer aus Afghanistan stammenden Lehrerin, der das Land Baden-Württemberg die Aufnahme in den staatlichen Schuldienst verweigert hatte, weil sie aus religiösen Gründen nur mit einem Kopftuch unterrichten will. In Folge des Urteils bereiten mehrere deutsche Bundesländer Gesetze zum Verbot des Kopftuchs an Schulen vor. Neben Baden-Württemberg planen auch Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und das Saarland ein "Kopftuch-Verbot" für Lehrerinnen. 

 

 

 

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