News 14. 04. 2004

Roland Rainer gab modernem Kirchenbau wichtige Impulse

Die Bedeutung des verstorbenen Architekten Roland Rainer für den modernen Kirchenbau in Österreich würdigte der österreichische Kirchenbauexperte Herbert Muck.

Professor Herbert Muck - er lehrte Sakralbau an der Akademie der Bildenden Künste in Wien - würdigte im Gespräch mit "Kathpress" das kirchenarchitektonische Schaffen Rainers. Rainer habe sich geradezu enthusiastisch mit dem Gedanken des "Zentralbaus" beschäftigt und dies als Besonderheit des Sakralbaus gewertet, betonte Muck.

Oktogonaler Zentralraum

Angelehnt vor allem an der byzantinischen Tradition des Kirchenbaus, entwarf Rainer den Kirchenraum als achteckigen, an der Kreisform orientierten Raum. Rainer selbst schrieb zum Konzept des Zentralraumes, die Gemeinde orientiere sich im Zentralraum "nicht mehr auf einen am Ende des Kirchenschiffes erhöht stehenden Altarbereich, sondern auf den eigenen Mittelpunkt". Da es falsch wäre, "das neue Zentrum wieder zu erhöhen statt es als gemeinsam schützende Mulde aufzufassen", müsse der Bereich des Altars auf andere Art hervorgehoben werden: durch die Bündelung des Lichts auf diesen Bereich. Rainer sah darin Parallelen zum Atriumhaus, das nach außen hin deutlich abgeschlossen und "nach innen, zum eigenen Freiraum hin orientiert" sei.

Kirchen keine "hellen Mehrzweckräume"

Ausdrücklich wandte sich Rainer gegen Forderungen nach "hellen", "modernen" Kirchenräumen, die nach außen hin sehr offen sind und die als "Mehrzweckräume" Verwendung finden können. "Die Vorstellung von einer Kirche als einer Art hygienischen Seelenspitals fällt mir schwer", schrieb er zu seiner Konzeption der Kirche von Puchenau. Eine Kirche müsse so gestaltet sein, dass sie von möglichst vielen Menschen als Bauwerk empfunden wird, das "auf Dauer, Zeitlosigkeit Anspruch erhebt" und nicht nach Aktualität heischt. Symbolgehalt und psychische Wirkung sollten entscheidendes Gewicht haben.

Fünf Rainer-Kirchen in Österreich

Insgesamt wurden fünf von Roland Rainer entworfene Kirchen gebaut: die evangelische "Glaubenskirche" in Wien-Simmering, das katholische Pfarrzentrum in Puchenau bei Linz (als Teil von Rainers modellhafter "Gartenstadt"), die Erweiterung der historischen Pfarrkirche St. Michael in Leonding, die katholische Pfarrkirche in Langenzersdorf-Dirnelwiese sowie zuletzt die evangelische "Versöhungskirche" in Linz-Dornach (die allerdings vom strengen Prinzip des oktogonalen Zentralraums abweicht).

Roland Rainer (1910-2004)

Roland Rainer starb am Karsamstag, 10. April, kurz vor Vollendung seines 94. Lebensjahres in Wien. Geboren wurde Rainer am 1. Mai 1910 in Klagenfurt. Nach dem Studium an der Technischen Hochschule Wien wurde er Mitarbeiter der Deutschen Akademie für Städtebau in Berlin. 1945 übersiedelte Rainer zurück nach Österreich, 1953 folgte er einem Ruf an die Technische Hochschule Hannover. Weitere Stationen waren eine Professur für Hochbau an der Technischen Hochschule Graz und bis 1980 die Leitung einer Meisterklasse für Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Von 1958 bis 1963 war Rainer Stadtplaner der Bundeshauptstadt. Zudem veröffentlichte er zahlreiche Bücher zu Fragen des Wohnungswesens und Städtebaus.

 

 

 

 

 

 
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