Roland Rainer gab modernem Kirchenbau wichtige Impulse
Die Bedeutung des
verstorbenen Architekten Roland Rainer für den modernen Kirchenbau in Österreich
würdigte der österreichische Kirchenbauexperte Herbert Muck.
Professor
Herbert Muck - er lehrte Sakralbau an der Akademie der Bildenden Künste in
Wien - würdigte im Gespräch mit "Kathpress" das
kirchenarchitektonische Schaffen Rainers. Rainer habe sich geradezu
enthusiastisch mit dem Gedanken des "Zentralbaus" beschäftigt und
dies als Besonderheit des Sakralbaus gewertet, betonte Muck.
Oktogonaler Zentralraum
Angelehnt
vor allem an der byzantinischen Tradition des Kirchenbaus, entwarf Rainer
den Kirchenraum als achteckigen, an der Kreisform orientierten Raum. Rainer
selbst schrieb zum Konzept des Zentralraumes, die Gemeinde orientiere sich
im Zentralraum "nicht mehr auf einen am Ende des Kirchenschiffes erhöht
stehenden Altarbereich, sondern auf den eigenen Mittelpunkt". Da es
falsch wäre, "das neue Zentrum wieder zu erhöhen statt es als
gemeinsam schützende Mulde aufzufassen", müsse der Bereich des Altars
auf andere Art hervorgehoben werden: durch die Bündelung des Lichts auf
diesen Bereich. Rainer sah darin Parallelen zum Atriumhaus, das nach außen
hin deutlich abgeschlossen und "nach innen, zum eigenen Freiraum hin
orientiert" sei.
Kirchen keine "hellen
Mehrzweckräume"
Ausdrücklich
wandte sich Rainer gegen Forderungen nach "hellen",
"modernen" Kirchenräumen, die nach außen hin sehr offen sind und
die als "Mehrzweckräume" Verwendung finden können. "Die
Vorstellung von einer Kirche als einer Art hygienischen Seelenspitals fällt
mir schwer", schrieb er zu seiner Konzeption der Kirche von Puchenau.
Eine Kirche müsse so gestaltet sein, dass sie von möglichst vielen
Menschen als Bauwerk empfunden wird, das "auf Dauer, Zeitlosigkeit
Anspruch erhebt" und nicht nach Aktualität heischt. Symbolgehalt und
psychische Wirkung sollten entscheidendes Gewicht haben.
Fünf Rainer-Kirchen in Österreich
Insgesamt
wurden fünf von Roland Rainer entworfene Kirchen gebaut: die evangelische
"Glaubenskirche" in Wien-Simmering, das katholische Pfarrzentrum
in Puchenau bei Linz (als Teil von Rainers modellhafter
"Gartenstadt"), die Erweiterung der historischen Pfarrkirche St.
Michael in Leonding, die katholische Pfarrkirche in
Langenzersdorf-Dirnelwiese sowie zuletzt die evangelische "Versöhungskirche"
in Linz-Dornach (die allerdings vom strengen Prinzip des oktogonalen
Zentralraums abweicht).
Roland Rainer (1910-2004)
Roland
Rainer starb am Karsamstag, 10. April, kurz vor Vollendung seines 94.
Lebensjahres in Wien. Geboren wurde Rainer am 1. Mai 1910 in Klagenfurt.
Nach dem Studium an der Technischen Hochschule Wien wurde er Mitarbeiter der
Deutschen Akademie für Städtebau in Berlin. 1945 übersiedelte Rainer zurück
nach Österreich, 1953 folgte er einem Ruf an die Technische Hochschule
Hannover. Weitere Stationen waren eine Professur für Hochbau an der
Technischen Hochschule Graz und bis 1980 die Leitung einer Meisterklasse für
Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Von 1958 bis 1963
war Rainer Stadtplaner der Bundeshauptstadt. Zudem veröffentlichte er
zahlreiche Bücher zu Fragen des Wohnungswesens und Städtebaus.
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