News 22. 06. 2004

Kopftuchstreit geht in eine neue Runde

Neun Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erneut über die Klage der Muslimin Fereshta Ludin, der wegen ihres Kopftuches die Aufnahme in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg verweigert worden war.

Der Streit um das Tragen von Kopftüchern an staatlichen deutschen Schulen geht damit am Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in eine neue Runde. Im September des Vorjahres entschied das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe, dass muslimischen Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern im Schulunterricht ohne gesetzliche Grundlage nicht verboten werden darf. Das BVG folgte gab damals der Klage der aus Afghanistan stammenden Fereshta Ludin recht. In Leipzig geht es nun neben dem "Fall Ludin" auch um die Einstellung der angehenden Lehrerin Iyman Alzayed als Beamtin auf Probe in Niedersachsen. Beide Lehrerinnen erfüllen unbestritten die Voraussetzungen für eine schulische Laufbahn. Wegen ihres muslimischen Glaubens wollen sie aber auch während des Unterrichts nicht auf das Tragen eines Kopftuchs verzichten. Die Landesregierungen in Stuttgart und Hannover schließen daraus, dass die Frauen nicht bereit seien, das Neutralitätsgebot zu achten, das für Lehrer an staatlichen Schulen gelte.

Verfassungsgericht: Kopftuch-Verbot unzulässig

Über die Klage Ludins hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits im Juli 2002 verhandelt und sie damals abgewiesen. Im September hob das BVG dieses Urteil jedoch auf und gab den Streit an die obersten Verwaltungsrichter zurück. Nach Ansicht der Karlsruher Verfassungshüter ist ein Kopftuchverbot allenfalls auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig. Dabei mahnten das BVG eine weltanschauliche Neutralität bei gleichzeitiger Offenheit der Schulen gegenüber religiösen Inhalten an.

Länder änderten Gesetze

Sowohl Baden-Württemberg wie auch Niedersachsen änderten daraufhin ihre Schulgesetze. So sind in Baden-Württemberg jetzt politische und religiöse "Bekundungen" durch Lehrer verboten, das Gesetz nimmt die "Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte" jedoch ausdrücklich aus. In Niedersachsen darf "das äußere Erscheinungsbild" der Lehrkräfte "keine Zweifel" aufkommen lassen, dass sie den staatlichen Bildungsauftrag erfüllen können. Das Bundesverwaltungsgericht wird nun beide Gesetze an den verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVG zu messen haben. Ob die Urteile noch am Donnerstag verkündet werden, war am Dienstag zunächst noch offen. Im Fall einer Niederlage könnten beide Lehrerinnen gegebenenfalls auch nochmals vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe ziehen.

 

 

 

 

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