Kardinal bezeichnet Referendum
in Venezuela als Betrug
Als "gigantischen Betrug" hat der venezolanische Kardinal Jose
Castillo Lara das Ergebnis des Referendums über Staatspräsident Hugo
Chavez bezeichnet.
In einem
Interview mit Radio Vatikan sagte der in Venezuela lebende pensionierte
Kurienkardinal, die staatlichen Stellen hätten als zusätzliche Auszählhilfen
lediglich Leute der Regierungspartei eingestellt. Die Umfragen unmittelbar
nach der Stimmabgabe hätten noch eine Mehrheit von 65 Prozent für die
Abwahl von Chavez ergeben, lediglich 35, oder maximal 40 Prozent hätten für
den Präsidenten votiert. Auch diese Stimmen seien im Übrigen gekauft
worden, den Armen habe man 50 bis 60 Dollar in amerikanischen Banknoten
gezahlt, wenn sie gegen die Abwahl von Chavez stimmten.
Auf faire Weise
gewonnen
Die
internationalen Beobachter der Volksabstimmung
in Venezuela haben das Ergebnis jedoch akzeptiert, nach dem Präsident Hugo
Chavez im Amt bleiben kann.
Chavez habe
das von der Opposition erwirkte Referendum am Sonntag auf faire Weise
gewonnen, sagte am Montag der frühere US-Präsident Jimmy Carter, der ein
Beobachterteam geleitet hat. "Wir haben bislang keinen Hinweis auf
Betrug gefunden", sagte Carter. Die Opposition bezeichnete das Ergebnis
als Betrug. Nach
Angaben der Nationalen Wahlkommission stimmten 58 Prozent der Wähler gegen
eine Absetzung des linken Präsidenten, 42 Prozent dafür.
Versorgung der Weltmärkte mit
Öl
Chávez
hingegen erklärte nach seinem Sieg, er werde die Versorgung der Weltmärkte
mit Öl aus dem südamerikanischen Staat garantieren. Das OPEC-Land
Venezuela ist mit einer täglichen Förderquote von 2,9 Millionen Barrel der
fünftgrößte Erdölexporteur der Welt. Die Privatisierung der Erdölindustrie
des Landes lehnt Chávez dagegen ab. Einen von der Opposition lancierten
Streik im Ölsektor von Dezember 2002 bis Februar 2003 überstand der an der
Militärakademie des Landes ausgebildete Fallschirmjäger-Offizier. Hinter
den Attacken seiner politischen Gegner vermutet er vor allem Strippenzieher
aus der US-Regierung.
"Marionetten" von der
Opposition
So kündigte
er vor dem Referendum den "Marionetten" von der Opposition und
ihren Helfern in Washington den Untergang an. Nach der Bekanntgabe seines
Sieges bei der Abstimmung ließ Chávez es sich nicht nehmen, einen Gruß
nach Norden zu senden. Der Baseball-Fan stellte süffisant fest, dass der
Ball jetzt wohl im Feld der US-Regierung liege. Seinen Sieg deklarierte er
als "home run".
Reformen in der Landwirtschaft
Im eigenen
Land fliegen Chávez dagegen die Herzen der armen Bevölkerung zu. Er
startete Reformen in der Landwirtschaft sowie im Gesundheits- und
Bildungswesen. Viel Geld aus den Ölverkäufen pumpte er in
Alphabetisierungs- und Gesundheitsprojekte. Unter den Bedürftigen, die 80
Prozent der Bevölkerung ausmachen, hat der Vater von vier Kindern daher
sehr viele Anhänger.
Ablehnung in der Oberschicht
In der
Oberschicht stößt er hingegen auf entschiedene Ablehnung. Die Opposition
wirft ihm vor, das Land in den wirtschaftlichen Niedergang zu führen. Kurz
vor dem Referendum wirkte sie jedoch demoralisiert. Das Unternehmertum
setzte, geködert durch Steuersenkungen, mehrheitlich auf einen Kurs der
Aussöhnung gegenüber dem Präsidenten. Angesichts der vom Vorsitzenden der
Wahlkommission verkündeten Niederlage war der Schmerz dann aber doch groß.
Ein Sprecher der Opposition warf der Regierung Wahlbetrug und wies das
Ergebnis "kategorisch" zurück.
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