News 17. 08. 2004

Kardinal bezeichnet Referendum in Venezuela als Betrug

Als "gigantischen Betrug" hat der venezolanische Kardinal Jose Castillo Lara das Ergebnis des Referendums über Staatspräsident Hugo Chavez bezeichnet.

In einem Interview mit Radio Vatikan sagte der in Venezuela lebende pensionierte Kurienkardinal, die staatlichen Stellen hätten als zusätzliche Auszählhilfen lediglich Leute der Regierungspartei eingestellt. Die Umfragen unmittelbar nach der Stimmabgabe hätten noch eine Mehrheit von 65 Prozent für die Abwahl von Chavez ergeben, lediglich 35, oder maximal 40 Prozent hätten für den Präsidenten votiert. Auch diese Stimmen seien im Übrigen gekauft worden, den Armen habe man 50 bis 60 Dollar in amerikanischen Banknoten gezahlt, wenn sie gegen die Abwahl von Chavez stimmten.

Auf faire Weise gewonnen

Die internationalen Beobachter der Volksabstimmung in Venezuela haben das Ergebnis jedoch akzeptiert, nach dem Präsident Hugo Chavez im Amt bleiben kann.

Chavez habe das von der Opposition erwirkte Referendum am Sonntag auf faire Weise gewonnen, sagte am Montag der frühere US-Präsident Jimmy Carter, der ein Beobachterteam geleitet hat. "Wir haben bislang keinen Hinweis auf Betrug gefunden", sagte Carter. Die Opposition bezeichnete das Ergebnis als Betrug. Nach Angaben der Nationalen Wahlkommission stimmten 58 Prozent der Wähler gegen eine Absetzung des linken Präsidenten, 42 Prozent dafür.

Versorgung der Weltmärkte mit Öl

Chávez hingegen erklärte nach seinem Sieg, er werde die Versorgung der Weltmärkte mit Öl aus dem südamerikanischen Staat garantieren. Das OPEC-Land Venezuela ist mit einer täglichen Förderquote von 2,9 Millionen Barrel der fünftgrößte Erdölexporteur der Welt. Die Privatisierung der Erdölindustrie des Landes lehnt Chávez dagegen ab. Einen von der Opposition lancierten Streik im Ölsektor von Dezember 2002 bis Februar 2003 überstand der an der Militärakademie des Landes ausgebildete Fallschirmjäger-Offizier. Hinter den Attacken seiner politischen Gegner vermutet er vor allem Strippenzieher aus der US-Regierung.

"Marionetten" von der Opposition

So kündigte er vor dem Referendum den "Marionetten" von der Opposition und ihren Helfern in Washington den Untergang an. Nach der Bekanntgabe seines Sieges bei der Abstimmung ließ Chávez es sich nicht nehmen, einen Gruß nach Norden zu senden. Der Baseball-Fan stellte süffisant fest, dass der Ball jetzt wohl im Feld der US-Regierung liege. Seinen Sieg deklarierte er als "home run".

Reformen in der Landwirtschaft

Im eigenen Land fliegen Chávez dagegen die Herzen der armen Bevölkerung zu. Er startete Reformen in der Landwirtschaft sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Viel Geld aus den Ölverkäufen pumpte er in Alphabetisierungs- und Gesundheitsprojekte. Unter den Bedürftigen, die 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen, hat der Vater von vier Kindern daher sehr viele Anhänger.

Ablehnung in der Oberschicht

In der Oberschicht stößt er hingegen auf entschiedene Ablehnung. Die Opposition wirft ihm vor, das Land in den wirtschaftlichen Niedergang zu führen. Kurz vor dem Referendum wirkte sie jedoch demoralisiert. Das Unternehmertum setzte, geködert durch Steuersenkungen, mehrheitlich auf einen Kurs der Aussöhnung gegenüber dem Präsidenten. Angesichts der vom Vorsitzenden der Wahlkommission verkündeten Niederlage war der Schmerz dann aber doch groß. Ein Sprecher der Opposition warf der Regierung Wahlbetrug und wies das Ergebnis "kategorisch" zurück.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
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