News 04. 10. 2004

Kaiser Karl I. selig gesprochen

Papst Johannes Paul II. hat am Sonntagvormittag auf dem Petersplatz in Rom fünf Seligsprechungen vorgenommen, darunter jene des letzten österreichische Kaisers, Karl I.

Gemäß dem dafür vorgesehenen Ritus bat der Bischof von Funchal auf der Atlantik-Insel Madeira, wo Karl 1922 starb und begraben liegt, den Heiligen Vater, die so genannte Promulgationsformel zu sprechen. Daraufhin verfügte Johannes Paul kraft seiner "apostolischen Autorität", dass der Kaiser sowie die deutsche Mystikerin Anna Katharina Emmerick, der französische Trappistenpater Joseph-Marie Cassant, die italienische Ordensfrau Ludovica De Angelis und der Ordensgründer Pierre Vigne von jetzt an "Selige" genannt werden.

Porträt zeigt Karl in Uniform

Die Seligsprechungen wurden von der Menge auf dem Petersplatz mit Applaus begrüßt. Danach wurden Großporträts der Seliggesprochenen enthüllt, zuletzt jenes des Monarchen, dem einzigen Laien, der am Sonntag zur Ehre der Altäre erhoben wurde. Es zeigte ihn in Uniform. De Faria und die vier weiteren Bischöfe, die am Sonntag um Seligsprechungen gebeten hatten, dankten dem Heiligen Vater und schlossen so den Beatifikationsritus ab.

Ein Stück Rippe

Als Gedenktag für Karl legte der Vatikan den 21. Oktober fest. An diesem Datum im Jahr 1911 hatte der damalige Erherzog, Zita von Bourbon-Parma geehelicht. Ein Urenkel Karls I. übergab eine Reliquie. Dabei handelt es sich um ein Stück aus der Rippe Karls. Sie wurde 1972 entnommen, als der Sarkophag mit dessen Leichnam in der Wallfahrtskirche Nossa Senhora do Monte auf Madeira gemäß den Vorschriften der vatikanischen Kongregation für Heiligsprechungen geöffnet wurde.

Papst: Karl als Vorbild nehmen

Die Ansprache des Papstes wurde wegen dessen Sprechschwierigkeiten teils von Konzelebranten verlesen. Johannes Paul II. würdigte Karl für die von ihm im Ersten Weltkrieg gesetzten, aber gescheiterten Friedensinitiativen. Karl sei ein ein "Freund des Friedens" gewesen und habe versucht, die Friedensinitiative Papst Benedikt XV. aufzugreifen. Wörtlich sagte der Papst: "In seinen Augen war der Krieg etwas Entsetzliches." Karl I. habe von Anfang an sein Herrscheramt als "heiligen Dienst" verstanden. Es sei ihm darum gegangen, die Berufung des Christen zur Heiligkeit auch in seinem politischen Handeln zu verwirklichen. In diesem Sinn bezeichnete Johannes Paul II. den Kaiser als "Vorbild auch für jene, die heute in Europa politische Verantwortung tragen".

Historikerin Hamann: Ein "Befehlsempfänger der Kirche"

Kritik an der Seligsprechung kam am Wochenende unter anderem von der Historikerin und Habsburg-Expertin Brigitte Hamann. Die Rolle Karls sei "nicht sehr ruhmvoll" gewesen, betonte Hamann in der Tageszeitung "Kurier". Sie wies darauf hin, dass sich Karl noch in mittelalterlichen Vorstellungen des Gottesgnadentums der Kaiser gefühlt und die enge Verbindung Kirche-Thron fortgesetzt habe. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Franz Joseph I., der streng zwischen Staat und Kirche getrennt habe, sei Karl ein "Befehlsempfänger der Kirche" gewesen. "Genau das ist das Signal der Seligsprechung: Die Kirche honoriert einen Herrscher, der auch politisch ein Diener der Kirche war. Darum hat man ihn als einzigen aus der Reihe der Habsburger ausgewählt."

Für "Pax Christi" ein falsches Signal

Auch die österreichische Sektion der katholischen Friedensbewegung "Pax Christi" meldete am Sonntag "schwerwiegende Vorbehalte" gegen die Seligsprechung des Kaisers an. Da Karl I. zumindest mitverantwortlich für den Giftgaseinsatz im Ersten Weltkrieg gewesen sei, "ist es völlig unverständlich, dass die Kirche ihn als Vorbild des Glaubens darstellt". Es sei ein Widerspruch, wenn der Papst einerseits den Krieg anprangere und andererseits jemanden selig spreche, der "die politische Verantwortung für den grausamen Tod von tausenden Menschen hatte".

Fünf neue Selige

Neben Karl I. wurden am Sonntag auch die deutsche Mystikerin Anna Katharina Emmerick (1774-1824), der französische Ordensgründer Pierre Vigne (1670-1740), der Trappist Joseph-Marie Cassant (1878-1903) und die italienische Ordensfrau Maria Ludovica De Angelis (1880-1962) zur Ehre der Altäre erhoben. Eine Seligsprechung bedeutet in der katholischen Kirche, dass ein verstorbener Christ offiziell verehrt werden darf. Voraussetzung dafür ist, dass er bereits hohe Wertschätzung durch das Kirchenvolk erfahren hat. Theologisch gelten Selige sowie Heilige als Zeugen für das Christsein in ihrer Zeit. Im Unterschied zu Heiligen werden Selige nicht weltweit, sondern lediglich in einer bestimmten Region oder von einer bestimmten kirchlichen Gemeinschaft verehrt.

 

 

 

Weitere Informationen zum Thema:

- 30. 09. 2004: Postulator verteidigt Seligsprechung von Kaiser Karl I.

- 29. 09. 2004: KA-Präsidentin zu Karl-Seligsprechung: Heute sind andere Vorbilder nötig

- 29. 09. 2004: Historiker würdigt Friedensbemühungen von Kaiser Karl I.  

- 28. 09. 2004: Seligsprechung Karls I.: Krenn konzelebriert nicht, Schönborn schon

- 24. 09. 2004: Papst spricht letzten österreichischen Kaiser selig

- 26. 05. 2004: Kaiser Karl I. wird am 3.Oktober selig gesprochen

- 23. 12. 2003: Feichtlbauer: Wunder von Kaiser Karl I. "nicht sehr glaubwürdig"

- 21. 12. 2003: Seligsprechung des letzten österreichischen Kaisers

 

 

- Seligsprechung von Kaiser Karl I.: Ein mehr als 50-jähriger Prozess

- Hintergrund: Der lange Weg zur Ehre der Altäre

 

 

 

 
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