News 03. 01. 2005

Schönborn feierte Messe mit Flutopfern in Indonesien

Am Sonntagmorgen feierte der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, in der in der indonesischen Katastrophenregion Aceh gemeinsam mit dem Apostolischen Nuntius und dem Erzbischof von Medan eine Messe. In einem Telefongespräch mit dem Religionsmagazin "Orientierung" bezeichnete Schönborn die Situation in Aceh als unbeschreiblich.

Tief betroffen von der Lage in Aceh berichtete Kardinal Christoph Schönborn am Sonntag im Telefonat mit "Kathpress" von unfassbaren Zerstörungen in dem Küstengebiet an der Nordspitze Sumatras. Der Wiener Erzbischof war gemeinsam mit dem Apostolischen Nuntius, Erzbischof Malcolm Ranjith, und dem Erzbischof von Medan, Alfred Datubara, am Samstag nach Banda Aceh geflogen. Am Sonntagmorgen feierten die Bischöfe mit den Katholiken von Banda Aceh in einem Zelt in einem Flüchtlingslager die Heilige Messe. "Es war einer der bewegendsten Gottesdienste, die ich erlebt habe", sagte Kardinal Schönborn.

"Wunder"

Die Flutwelle habe sich in Aceh mit unvorstellbarer Gewalt über die Küste ergossen, auch in Banda Aceh seien ganze Stadtteile "weggewischt" worden, berichtete Schönborn. Eine Mutter von fünf Kindern erzählte Kardinal Schönborn am Sonntag, wie sie intuitiv erfasst hatte, dass das plötzliche Zurückweichen des Meeres vor der Flutwelle "etwas Dramatisches" ankündigte. Die Familie raste auf ihren zwei Mopeds Richtung Hinterland davon und konnte sich so in Sicherheit bringen. Wörtlich meinte der Kardinal: "Jeder Gerettete ist ein Wunder".

Kirchliche Hilfe

Nuntius Ranjith sei bemüht, in Aceh Strukturen für die kirchliche Hilfe aufzubauen, teilte der Wiener Erzbischof mit. Die Katholiken seien in Aceh zwar nur eine sehr kleine Minderheit, die aber bewusst Präsenz zeige. Die Hilfe der Katholiken werde selbstverständlich allen Menschen zugutekommen, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit. Der Kirche gehe es darum, dass die Hilfe wirklich die Menschen an der Basis erreicht.

Schönborn verteidigt Behörden

Erschwert werde die Situation durch die Präsenz der islamistischen Separatisten, die in Aceh einen theokratischen Staat etablieren wollen. Als "unberechtigt" bezeichnete Kardinal Schönborn Vorwürfe, das indonesische Militär behindere aus Sicherheitsbedenken Hilfsmaßnahmen für die Opfer der Flutkatastrophe. Auch das Militär habe hohe Verluste gehabt, mindestens 500 Soldaten seien durch die Flutwelle getötet worden. Es werde aber überall in Banda Aceh gearbeitet, Bulldozer versuchen, die Straßen frei zu schaufeln, die von Schlamm, Abfall, entwurzelten Bäumen und zerbeulten Autos verstopft sind. Die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln scheine gut anzulaufen, so weit dies aus einem kurzen Aufenthalt zu beurteilen sei.

Umdenken nötig

Als besonders beeindruckend bezeichnete der Wiener Erzbischof die Begegnung mit einem Niederländer, der seit langem in Aceh lebt und dort Projekte für Kleinbauern durchführt. Der Experte sei der Meinung, dass die Katastrophe Anlass zu einem allgemeinen Umdenken sein müsse; es gehe um soziale Gerechtigkeit als Voraussetzung für Frieden. Aus seinen Erfahrungen in der Arbeit mit den an den Rand gedrückten Kleinbauern sei der Experte der Ansicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung mehr Rücksicht auf die Armen nehmen müsse. In diesem Punkt gebe es eine partielle Übereinstimmung mit islamischen Predigern in Aceh, die die Katastrophe als Ausdruck des "Zornes Gottes" interpretieren, auch wenn ein solches Gottesbild "nicht das letzte Wort sein kann", wie Kardinal Schönborn betonte.

"An die Menschen denken"

In einem Telefoninterview mit dem ORF-Religionsmagazin "Orientierung" sagte Kardinal Schönborn am Sonntag, das Wichtigste sei jetzt, an die Menschen in Südasien zu denken und ihnen Verständnis und Hilfe zuteil werden zu lassen. Der Wiener Erzbischof dankte den Spendern aus Österreich für ihre großherzige Unterstützung. Die Situation in Aceh sei unbeschreiblich, betonte Kardinal Schönborn. Jede Kritik müsse verstummen, weil es sich um eine so außergewöhnliche Situation handle, die auch die Helfer sprach- und hilflos gemacht habe. Zu den Meldungen über Ausbruch von Cholera im nördlichen Sumatra sagte Schönborn, nach seinen Informationen gebe es bisher keine akuten Fälle.

 

 

Videostream:

- Telefoninterview mit Kardinal Christoph Schönborn in Indonesien

 

 

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