Deutschland:
Bundesgericht hebt OVG-Urteil zu Islam-Unterricht auf
Das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hob am Mittwoch das Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) auf, das keinen Anspruch auf einen
solchen Unterricht in Nordrhein-Westfalen vorsah.
Damit
ist die Entscheidung über einen islamischen Religionsunterricht an
deutschen Schulen weiter offen. Gleichzeitig verwiesen die obersten Richter
den Fall zurück nach Münster, weil ihnen die Urteilsbegründung des OVG
nicht stichhaltig genug erschien. Eine inhaltliche Bewertung nahm das
Bundesgericht nicht vor.
Neue Entscheidung notwendig
Das
OVG muss nun noch einmal entscheiden, ob die beiden klagenden Verbände -
der Zentralrat der Muslime sowie der Islamrat für die Bundesrepublik
Deutschland - als Religionsgemeinschaften anzusehen sind. Beide hatten gegen
das Land Nordrhein-Westfalen geklagt.
Keine Religionsgemeinschaft
Das
OVG hatte die Verbände in seinem Urteil von Dezember 2003 nicht als
Religionsgemeinschaften eingestuft. Bei ihnen finde keine Pflege religiöser
Angelegenheiten statt. Die Dachverbände würden keine identitätsprägenden
religiöse Funktionen übernehmen. Außerdem hätten sie keine natürlichen
Mitglieder.
Richter widersprachen
Diese
Auffassung wiesen die Leipziger Richter zurück. Laut Grundgesetz haben
Religionsgemeinschaften einen Rechtsanspruch gegen den Staat auf Einrichtung
von Religionsunterricht. Auch Dachverbandsorganisationen könnten die
Voraussetzungen für Religionsgemeinschaften bilden, wenn Gläubige auf
lokaler Ebene die unentbehrliche Grundlage bildeten.
OGV muß prüfen
Die
Richter in Münster müssen nun die Struktur der einzelnen Dachverbände
genau unter die Lupe nehmen. Religiöse Aufgaben müssten bei diesen im
Mittelpunkt stehen. Das OVG habe nun zu prüfen, ob Dachverbände nicht
durch Mitgliedsorganisationen mit sozialen, kulturellen oder beruflichen
Schwerpunkten geprägt würden.
Außerdem haben die Richter in Münster nach Auffassung des Bundesgerichts
zu überprüfen, ob die beiden klagenden Dachverbände über die bloße
Interessenvertretung hinaus auch gemeinsame religiöse Überzeugungen
selbstständig gestalten. Dies habe das OVG versäumt, urteilten die
Leipziger Richter.
Partner des Staates?
Sollte
das OVG zu der Entscheidung kommen, dass es sich um Religionsgemeinschaften
handelt, müsse es in einem weiteren Schritt prüfen, ob die Verbände als
Partner des Staates für den Religionsunterricht auftreten können oder ob
es unter dem Gesichtspunkt der Verfassungstreue Bedenken gibt.
Erste Reaktion
In
einer ersten Reaktion sprach der Vertreter der Kläger, Janbernd Oebbecke,
von einem "zwei Drittel Erfolg". "Wir sind zufrieden, auch
wenn wir keinen endgültigen Durchbruch erreicht haben", sagte er nach
der Urteilverkündung. Beide Seiten, das Land Nordrhein-Westfalen und die Kläger,
müssten nun ihre Schlüsse zeihen. So gelte es für die muslimischen Verbänden,
ihre Mitgliederstruktur genau zu überprüfen.
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