News 25. 02. 2005

Experten bewerten Gesundheitszustand des Papstes als kritisch

Nach dem Luftröhrenschnitt bei Papst Johannes Paul II. sehen Experten den Gesundheitszustand des 84-jährigen Oberhaupts der katholischen Kirche kritisch. Bei Parkinson-Kranken sei Grippe die  Haupttodesursache, sagte der Turiner Spezialist Bruno Bergamasco der italienischen Tageszeitung "La Stampa" vom Freitag. 

Der Papst leidet seit Anfang der 90er Jahre an der Parkinson-Krankheit. Der Grippe-Rückfall, den der Papst wenige Tage nach seiner ersten Einlieferung in die Gemelli-Klinik erlitt, deute darauf hin, das sein Immunsystem nicht mehr gegen Infektionen gewappnet sei.

Lungenödem das Hauptrisiko

Der Patient sei nahezu ohne Stimme und könne sich nicht mehr aufrecht halten. "Hauptrisiko in solchen Fällen ist ein Lungenödem, eine Art Ertrinken der Lungen, unglücklicherweise in der Regel das letzte Zeichen", fügte der Neurologie-Professor hinzu.

Drohender Erstickungstod

Der frühere Anästhesist des Papstes, Corrado Mani, sprach im Zusammenhang mit den beiden Einlieferungen ins Krankenhaus Anfang Februar und am Donnerstag von "wirklichen Atemwegskrisen". Es gelange keine Luft mehr in die Lungen und deshalb bestehe die "Gefahr eines Herz-Kreislauf-Stillstands", weil das Herz nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werde. Dadurch drohe der Erstickungstod.

Papst regiert mit Stift und Block

Der Papst regiert die katholische Kirche bis auf Weiteres mit Kugelschreiber und Notizblock. Damit Johannes Paul II. sich nach dem Luftröhrenschnitt auch ohne Stimme äußern kann, liegen die Utensilien auf seinem Klinikbett dicht neben seiner rechten Hand, wie der italienische Kardinal Francesco Pompedda der italienischen Wochenzeitung "Famiglia Cristiana" sagte. Auf dem Block könne der Papst die Kirche betreffende Anordnungen hinterlassen, aber auch persönliche Wünsche aufschreiben.

Betreuung durch enge Mitarbeiter

Diese würden dann an seine engen Mitarbeiter weitergeleitet, die ihn abwechselnd betreuen: sein persönlicher Sekretär Stanislaw Dziwisz, dessen Stellvertreter Mieczyslaw Mokrzycki sowie die Papst-Vertraute Schwester Tobiana.

Angelo Sodano

Für weitreichende Weisungen des 84-jährigen Patienten im Zusammenhang mit dem Heiligen Stuhl ist Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano zuständig, hieß es weiter. Experten rechnen damit, dass es noch relativ lange dauern kann, bis der Papst wieder sprechen kann.

Luftröhrenschnitt

Der Luftröhrenschnitt gehört zu den häufigsten operativen Eingriffen in der Intensivmedizin und ist eine der ältesten chirurgischen Methoden. Er wird als lebensrettender Eingriff bei Patienten mit Atembeschwerden oder vorbeugend zur Sicherung der Atmung angewandt, etwa bei Kehlkopfentzündungen, Verletzungen und Krebstumoren.

Kunststoffkanüle

Der Fachbegriff dafür heißt Tracheotomie. Der Luftröhrenschnitt wird vor allem bei Patienten eingesetzt, die längere Zeit künstlich beatmet werden müssen. Dabei wird die Haut unterhalb der Schilddrüse durchtrennt und die Luftröhre geöffnet. Anschließend wird eine Kunststoffkanüle eingesetzt, über welche die Luft direkt in die Lunge strömt. Die künstliche Beamtmung kann alternativ auch durch Punktion der Luftröhre erfolgen.

Infektionsrisiko geringer

Im Gegensatz zur Intubation, bei der ein Beatmungsschlauch über Mund oder Nase in die Luftröhre geführt wird, werden die Stimmbänder bei der Tracheotomie nicht verletzt. Auch ist das Infektionsrisiko geringer als bei der Intubation. Wie nach jedem operativen Eingriff kann es aber zu Blutungen oder Infektionen der Wunde kommen. Zudem können beim Luftröhrenschnitt in seltenen Fällen Verletzungen der Stimmbandnerven, der Schilddrüse oder naheliegender Blutgefäße auftreten, die dann sofort behoben werden müssen.

Sprechen nicht möglich

Nach dem Luftröhrenschnitt kann der Patient nicht sprechen, da die Atemluft nicht durch den Kehlkopf strömt und die Stimmbänder nicht schwingen. Dies ist nur mit speziellen Kanülen möglich, die einen Teil des Luftstroms zurück in den Kehlkopf leiten. Nach dem Entfernen der Kanüle aus dem Hals heilt der Schnitt meist allein wieder zu. Unter Umständen ist aber eine weitere Operation nötig. Der Patient erlangt dann auch seine Sprache wieder, die anfangs noch etwas heiser klingen kann.

 

 

 

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