News 03. 04. 2005

Papst-Tod: Weltweite Betroffenheit

In Polen herrscht tiefe Trauer, in Kuba wurde Staatstrauer angeordnet, die offizielle katholische Kirche Chinas hat ihr „tiefes Beileid“ ausgesprochen, Israel trauert um den „Papst der Juden“, und auch die russisch-orthodoxe Kirche hat ihre Trauer zum Ausdruck gebracht.

Staats- und Parteichef Fidel Castro hat nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. eine dreitägige Staatstrauer auf Kuba angeordnet. Der Verstorbene sei ein "Freund Kubas" gewesen, erklärte Castro in der Nacht auf Sonntag.

Botschaft an Gläubige

Castro erlaubte auch zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen Kardinal Jaime Ortega, dem Erzbischof von Havanna, eine Botschaft an die Gläubigen der Karibikinsel über das vom kommunistischen Regime kontrollierte staatliche Fernsehen zu verbreiten.

Historischer Besuch

Der verstorbene Papst hatte Kuba im Jänner 1998 einen historischen Besuch abgestattet. Vor etwa drei Monaten hatte Johannes Paul II. einen Appell an die USA gerichtet, das Wirtschaftsembargo gegen die Insel aufzuheben, das eine "wirkliche Entwicklung" in Kuba verhindere.

Beileid, Respekt und Solidarität

Kubas Außenminister Felipe Perez Roque verlas sichtlich bewegt im Fernsehen eine Botschaft des "Beileids, des Respekts und der Solidarität gegenüber der katholischen Gemeinschaft in Kuba und der übrigen Welt". Kuba habe Johannes Paul II. immer als Freund betrachtet, der sich für die Armen eingesetzt und der gegen den Neoliberalismus sowie für den Frieden gekämpft habe. Laut der Missionsagentur Misna schickte Castro an Vatikan-Staatssekretär Kardinal Angelo Sodano eine Kondolenzbotschaft. Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Todes des Papstes fanden sich Hunderte Gläubige in der Kathedrale der Hauptstadt Havanna und in vielen anderen Städten zum Gebet ein.

China: "Tiefes Beileid"

Die offizielle katholische Kirche Chinas, die den Papst nicht als Oberhaupt anerkennt, hat am Sonntag ihr "tiefes Beileid" zum Tod von Johannes Paul II. übermittelt. Die Katholische Patriotische Vereinigung Chinas und die Bischofsversammlung schickten nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua ein Telegramm an den Vatikan. Darin war von einem "großen Verlust" für die Seelsorge und Glaubensarbeit der Kirche weltweit die Rede. "Im Namen von mehr als fünf Millionen Gläubigen und der Geistlichen der katholischen Kirche in China sprechen wir aufrichtig unser tiefes Beileid aus." Sie wollten für den Papst beten, damit Gott ihn "auf ewig belohnt".

Untergrund

Neben der offiziellen "patriotischen" Kirche gibt es in China noch schätzungsweise zwölf Millionen Katholiken, die loyal zum Papst stehen, aber immer wieder Ziel staatlicher Verfolgung sind und häufig im Untergrund leben. Nach der kommunistischen Machtübernahme 1949 hatte Peking die Beziehungen zum Vatikan 1951 abgebrochen und fordert seither von den Katholiken, ihrem Glauben nur innerhalb der staatlichen Kirche nachzugehen, die die Autorität des Papstes nicht anerkennt und selbst Bischöfe ernennt. Allerdings ist die religiöse Bedeutung des Papstes auch unter den Gläubigen der offiziellen Kirche in China unstrittig.

Russisch-orthodoxe Kirche trauert

Nach stundenlangem Schweigen hat schließlich auch die russisch-orthodoxe Kirche am Sonntagmorgen ihre Trauer über den Tod von Papst Johannes Paul II. zum Ausdruck gebracht. In einer auf ihrer Internetseite veröffentlichten Erklärung unterstrich sie gleichzeitig, sie hoffe, das Andenken an den Papst werde dabei helfen, die Schwierigkeiten zwischen ihr und dem Heiligen Stuhl zu überwinden.

Schwierige Beziehungen

Die Oberhäupter der russisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche unterhielten seit jeher äußerst schwierige Beziehungen miteinander: Patriarch Alexi II. warf dem Vatikan vor, seine Gläubigen bekehren zu wollen. Noch am Samstag hatte ein Vertreter des Außenamts des Patriarchen, Igor Wyschanow, gegenüber der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti geklagt, das Hauptproblem zwischen den beiden Kirchen liege in den Versuchen der Katholiken, in Russland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken zu "missionieren". Bis zuletzt hatte sich Patriarch Alexi II. Plänen des Papstes zu einem Besuch in Russland widersetzt.

Muslime und Buddhisten

Bereits Stunden vor der russisch-orthodoxen Kirche hatten die Führer der Muslime und der Buddhisten in Russland sowie Präsident Wladimir Putin, kondoliert. Mufti Rawil Gaynutdin würdigte den verstorbenen Papst am Sonntagmorgen als "einzigen katholischen Führer, der sich für die Kreuzzüge entschuldigte". Nach den Worten des höchsten buddhistischen Würdenträgers in Russland, Bandido Chambo-lama Damba Ajuschew, setzte sich der Papst stets für "Frieden und allgemeingültige menschliche Werte ein, die von allen Religionen geteilt werden". Putin bezeichnete Johannes Paul II. als eine "herausragende Persönlichkeit unserer Zeit, mit dem eine ganze Ära verknüpft" sei.

Israel trauert um "Papst der Juden"

Große Anteilnahme nach dem Tod des Papstes war am Sonntagmorgen auch in Israel zu spüren. Wie der Korrespondent des italienischen TV-Senders RAI in einer Live-Schaltung mit Rom erklärte, habe die Nachricht vom Tod des katholischen Kirchenoberhauptes auch in Jerusalem Betroffenheit ausgelöst. Viele Menschen auf den Straßen trauerten um den Papst, manche bezeichneten den Verstorbenen gar als "Papst der Juden", ein Begriff, der noch vor 20 Jahren als undenkbar gegolten hätte.

Entschuldigung für historische Verbrechen

Der Papst, der weltweit "auch 'post mortem' für den Frieden arbeitet", so der RAI-Kommentator aus Jerusalem, war das erste Oberhaupt der katholischen Kirche, der ein jüdisches Gotteshaus, nämlich die Synagoge in Rom, besuchte. Im Zusammenhang mit diesem in fast 2.000 Jahren Kirchengeschichte einmaligen Ereignis am 13. April 1986 entschuldigte sich der Papst auch erstmals - und in der Folge mehrmals - für die Verantwortung der katholischen Kirche an den historischen Verbrechen gegen die Juden.

Klagemauer

Historisch war sein Besuch im Jahr 2000 in Israel: An der Klagemauer in Jerusalem bat er ebenfalls um Vergebung für die Judenverfolgung. Auch in Österreich setzte Papst Johannes Paul II. ein Zeichen für die Annäherung der beiden Religionen: Im Juni 1988 besuchte er in Wien die Israelitische Kultusgemeinde.  

Trauer in Lateinamerika und Deutschland

Hunderttausende Menschen in ganz Lateinamerika trauern um den verstorbenen Papst Johannes Paul II. Als die Glocken der Kirchen und Kathedralen von Mittel- und Südamerika läuteten, um den Tod des Papstes zu verkünden, strömten die Gläubigen zum Gebet in die Kirchen. In Lateinamerika leben rund 500 Millionen Katholiken, fast die Hälfte aller Anhänger des katholischen Glaubens weltweit. Der Papst war hier ein oft und gern gesehener Gast. 21 Reisen führten ihn im Laufe seines Pontifikats in die Region.

Fidel Castro ordnet Staatstrauer an

Selbst im kommunistischen und offiziell atheistischen Kuba ordnete die Regierung eine dreitägige Staatstrauer an.  Der verstorbene Papst hatte Kuba im Jänner 1998 einen historischen Besuch abgestattet. Vor etwa drei Monaten hatte Johannes Paul II. einen Appell an die USA gerichtet, das Wirtschaftsembargo gegen die Insel aufzuheben, das eine „wirkliche Entwicklung“  in Kuba verhindere.

Gedenkminute bei Fußballspiel

Auch andere lateinamerikanische Staaten, darunter Paraguay, Peru, Costa Rica und Chile, haben bis zu fünf Tage Staatstrauer ausgerufen. Im Stadion der chilenischen Hauptstadt Santiago erhoben sich rund 5000 Zuschauer eines Fußballspiels zu einer Gedenkminute an den Papst. In ganz Lateinamerika wurden zahlreiche öffentliche Veranstaltungen und Sportwettkämpfe abgesagt.

„Ich gehe, aber ich verlasse Euch nicht“

In Mexiko, das fast ebenso viele Katholiken wie Einwohner zählt, füllen zehntausende Gläubige die Kirchen des Landes. Präsident Vicente Fox erinnerte an die Worte des Papstes während seiner letzten Mexiko-Reise vor drei Jahren: „Ich gehe, aber ich verlasse Euch nicht, denn selbst wenn ich gehe, bleibt mein Herz“.

Papst verhinderte Krieg

Die Präsidenten Chiles und Argentiniens, Ricardo Lagos und Nestor Kirchner, erinnerten daran, dass nur die Vermittlungsmission des Papstes im Dezember 1978 einen Krieg zwischen den beiden Ländern verhindert hatte. Angesichts der „Unberechenbarkeit“ der damaligen Diktatoren Jorge Videla und Augusto Pinochet sei der Einsatz des Vatikan entscheidend gewesen, meinte Kirchner.

Großer Verlust für die Welt

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler hat den Tod von Papst Johannes Paul II. als großen Verlust für die gesamte Welt bezeichnet. Er würdigte nicht nur, dass der Papst die deutsche Einheit „von Anfang an begrüßt und gefördert“ habe, sondern auch seinen Einsatz für die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen, sein Engagement für den Dialog mit anderen Religionen und das Eintreten für die Menschenrechte.

 

 

 

Weitere News zum Thema:

- 03. 04. 05: Rom rüstet sich für Pilger-Ansturm

- 03. 04. 05: Sedisvakanz: Die Kardinäle übernehmen das Regiment im Vatikan

- 02. 04. 2005: Papst Johannes Paul II. gestorben 

- 02. 04. 2005: Nachruf: Karol Wojtylas letzte Reise 

- 02. 04. 2005: Tod des Papstes löst Betroffenheit aus

- 02. 04. 2005: Lehmann: Papst war eine weltgeschichtliche Persönlichkeit  

- 02. 04. 2005: Schönborn: "Johannes Paul II. ist 'zu Hause' angelangt"

- 02. 04. 2005: Politiker würdigen Johannes Paul II. 

- 02. 04. 2005: Zulehner erwartet „langes und langwieriges Konklave“

- 02. 04. 2005: Schönborn empfindet "Trauer und Dankbarkeit"

 

 

Hintergrund:

- Biographie von Johannes Paul II.

- Zeittafel der wichtigsten Lebensdaten von Karol Wojtyla

 

- Die Auslandsreisen Johannes Pauls II. 

- Der Papst als Schriftsteller

- Die wichtigsten päpstlichen Dokumente Johannes Pauls II.

 

- Johannes Paul II. und seine Kritiker

- Johannes Paul II. und Österreich

- Die Personalpolitik Johannes Pauls II.  

- Johannes Paul II. und seine marianische Spiritualität

- Der Papst und die Ökumene

- Johannes Paul II., Polen und der Kommunismus 

 

- Sedisvakanz

- Konklaveregeln

- Die Wähler: die Kardinäle

- Das Kollegium der Kardinäle heute

 

Kandidaten für die Papstnachfolge:

- die Italiener

- die Westeuropäer

- Lateinamerikaner

- die Geheimtipps und Außenseiter

 

 

 

 

 
Seitenanfang 
weitere News