News 19. 07. 2005

Kardinal Schönborn für "unideologische" Debatte um Evolutionstheorie

Die "Evolutionismus-Debatte" sollte nach Ansicht von Kardinal Christoph Schönborn weniger "ideologisch" und mehr "mit Sachargumenten statt Schlagworten" geführt werden. Dies betonte der Wiener Erzbischof am Montagabend in einem Interview mit Barbara Krenn in der ORF-Radio-Sendereihe "Praxis - Religion und Gesellschaft".

Zugleich betonte der Kardinal, dass er sich grundsätzlich über die Debatte freue. Es sei positiv, "dass wir über wesentliche Dinge diskutieren". Schönborn wies darauf hin, dass derartige Auseinandersetzungen in den USA offener geführt werden. Dort zähle die Kraft der Argumente und nicht untergriffige Unterstellungen wie "Kulturkampf" oder "Rückschritt hinter die Aufklärung". "Jemandem den Mund zuzukleben", weil er als Christ spreche und sich aus dieser Überzeugung heraus Gedanken über die Wirklichkeit mache, "passt nicht zu einer offenen und ehrlichen Debatte", so Schönborn. Er sei aber "nicht beleidigt", bitte seine Kritiker jedoch, auf der Sachebene zu argumentieren. Denn letztlich gehe es um eine Sachfrage - nämlich um die Frage, "ob die Entstehung des Lebens und der gewaltige Prozess der kosmischen Evolution ein reiner Zufallsprozess ist, oder ob es so etwas wie Ordnung und Vernunft in diesen Vorgängen gibt".

Evolution steht außer Streit

Außer Streit stehe die Evolution an sich, betonte der Kardinal. Er "glaube mit einem Großteil der Wissenschaft, dass das Phänomen Evolution eine sehr große Wahrscheinlichkeit für sich hat". Evolution sei eine "Hypothese, für die vieles spricht". Es gehe nicht um die "Beweisbarkeit" eines Schöpfergottes, sondern darum, "ob man sich wissenschaftlich damit begnügen kann, alle Vorgänge vom Urknall bis hin zu den höchst komplexen Formen des Lebens auf der Erde mit dem neodarwinistischen Modell von Zufall und Selektion zu erklären". Nach den Worten des Kardinals stoßen Wissenschaftler bei ihren Forschungen an eine "Grenze, wo es nicht sinnvoll ist, nur von Zufall zu sprechen". Die Frage des Erkennens von Plan und Vernunft im Gesamtprozess der Evolution sei zunächst einmal eine wissenschaftliche und gar nicht so sehr eine theologische Debatte. Freilich stelle er - wie Schönborn sagte - immer wieder fest, dass auch bei Wissenschaftlern ihre eigene Weltanschauung mit einfließt; ein überzeugter Atheist werde Phänomene anders lesen als jemand, der an einen Schöpfer glaubt.

 

 

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Video on Demand:

- Orientierung, 17.07.2005: Schönborn gegen "Ideologie des Neo-Darwinismus"

 

Audio on Demand:

- Ö1-Mittagsjournal: Kardinal Schönborn zur Debatte über die Evolutionstheorie

 

Links:

- Schönborns Artikel in der "New York Times"

- NYT: Leading Cardinal Redefines Church's View on Evolution

 

 

 

 

 

 
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