Tod von Frère Roger: Täterin
dementiert Mordabsicht
Die Frau rumänischer Staatsbürgerschaft,
die am Dienstag den Gründer und Prior der ökumenischen Gemeinschaft von
Taizé, Frère Roger Schutz, tödlich verletzt hatte, wollte laut Auskunft
der Staatsanwaltschaft "seine Aufmerksamkeit anziehen, aber ihn nicht töten".
Wie der mit
den Ermittlungen beauftragte Staatsanwalt von Macon, Jean-Louis Coste, am
Mittwoch bei einer Pressekonferenz erklärte, hatte die 36-Jährige am
Montag in Cluny bei Taizé ein Messer gekauft, weshalb es sich
"vielleicht" um einen vorsätzlichen Mord gehandelt habe, so Coste.
Sollte sich herausstellen, dass sie zur Tatzeit zurechnungsfähig war, werde
man sie wegen Mordes unter Anklage stellen, betonte der Staatsanwalt.
„Gewiss ein psychiatrisches
Problem“
Im Verhör mit
den Gendarmen von Tournus in der Nähe des ostfranzösischen Taizé habe die
Frau erklärt, dass sie mit Frère Roger sprechen wollte. Sie habe ihn
allerdings nicht erreichen können, weil zu viele Menschen dort waren, sagte
Luminita nach den Angaben des Staatsanwalts. "Es gibt gewiss ein
psychiatrisches Problem, aber nach den ersten Erhebungen muss sie nicht in
eine Anstalt eingeliefert werden", so Coste, dem zufolge die Frau
"geistig gesund" sei.
Frau wohnte in Taizé
Der
Staatsanwalt hat eine zusätzliche psychiatrische Expertise angeordnet, um
in Bezug auf den Geisteszustand der Frau Klarheit zu schaffen. Diese
Expertise soll am Nachmittag durchgeführt werden. Die Frau war zwei Tage
vor der Tat in Taizé angelangt. Sie wohnte in einem Schlafraum der
Gemeinschaft, ohne sich bei dieser angemeldet zu haben. Nach Angaben von Frère
Maxime, einem Geistlichen der Gemeinschaft, hatte sie bereits im Juni einige
Tage in Taizé verbracht. "Sie wollte nicht Mitglied der religiösen
Gemeinschaft werden", so Frère Maxime.
Beisetzung am kommenden Dienstag
Der ermordete Prior von Taize, Frere Roger, wird am kommenden Dienstag
23. August, um 14 Uhr beigesetzt. Das teilte die ökumenische Gemeinschaft
von Taize an ihrem Sitz in Burgund mit. Der Leichnam des 90-Jährigen werde
bis dahin täglich von 15 bis 19 Uhr in der Kirche von Taize aufgebahrt.
Zugleich teilte die Gemeinschaft mit, dass Bruder Alois sein Amt als neuer
Prior mit sofortiger Wirkung angetreten hat. Der Protestant Frere Roger
hatte den aus Stuttgart stammenden katholischen Mitbruder bereits vor acht
Jahren als seinen künftigen Nachfolger benannt. Bruder Alois lebt seit 32
Jahren in der ökumenischen Gemeinschaft.
Roger nicht konvertiert
In einem Interview mit dem "Westdeutschen Rundfunk" betonte
Bruder Alois, dass sein prominenter Vorgänger nicht zur katholischen Kirche
konvertiert ist. Der ermordete Prior habe sein ganzes Leben darauf verwandt,
seinen reformierten Herkunftsglauben mit der katholischen Kirche zu
versöhnen, ohne dass er deshalb mit seiner ursprünglichen Gemeinschaft
gebrochen hätte, sagte Bruder Alois.
Ratzinger ließ Roger zur Kommunion zu
Hintergrund der Äußerung ist eine Begebenheit bei der Trauermesse für
Papst Johannes Paul II. im April, die weltweit Aufsehen erregt hatte. Der
damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger reichte dem Protestanten Frère
Roger die Kommunion. Dies sei nicht neu gewesen, erläuterte Bruder Alois,
selbst ein deutscher Katholik. Neu sei lediglich, dass es "sehr
sichtbar" erfolgt sei. Bereits früher hatte Bruder Alois auf Anfrage
mitgeteilt, dass Frere Roger bereits seit 25 Jahren im Petersdom die
Kommunion empfange. Johannes Paul II. hatte den Taize-Gründer fast jedes
Jahr in Privataudienz empfangen. Nach katholischer Lehre ist es nicht
erlaubt Nichtkatholiken zur Kommunion zuzulassen. Ausnahmen sind für
Nichtkatholiken möglich, die den Glauben der katholischen Kirche aus ganzem
Herzen teilen.
|