News18. 08. 2005

Tod von Frère Roger: Täterin dementiert Mordabsicht

Die Frau rumänischer Staatsbürgerschaft, die am Dienstag den Gründer und Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger Schutz, tödlich verletzt hatte, wollte laut Auskunft der Staatsanwaltschaft "seine Aufmerksamkeit anziehen, aber ihn nicht töten".

Wie der mit den Ermittlungen beauftragte Staatsanwalt von Macon, Jean-Louis Coste, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz erklärte, hatte die 36-Jährige am Montag in Cluny bei Taizé ein Messer gekauft, weshalb es sich "vielleicht" um einen vorsätzlichen Mord gehandelt habe, so Coste. Sollte sich herausstellen, dass sie zur Tatzeit zurechnungsfähig war, werde man sie wegen Mordes unter Anklage stellen, betonte der Staatsanwalt.

„Gewiss ein psychiatrisches Problem“

Im Verhör mit den Gendarmen von Tournus in der Nähe des ostfranzösischen Taizé habe die Frau erklärt, dass sie mit Frère Roger sprechen wollte. Sie habe ihn allerdings nicht erreichen können, weil zu viele Menschen dort waren, sagte Luminita nach den Angaben des Staatsanwalts. "Es gibt gewiss ein psychiatrisches Problem, aber nach den ersten Erhebungen muss sie nicht in eine Anstalt eingeliefert werden", so Coste, dem zufolge die Frau "geistig gesund" sei.

Frau wohnte in Taizé

Der Staatsanwalt hat eine zusätzliche psychiatrische Expertise angeordnet, um in Bezug auf den Geisteszustand der Frau Klarheit zu schaffen. Diese Expertise soll am Nachmittag durchgeführt werden. Die Frau war zwei Tage vor der Tat in Taizé angelangt. Sie wohnte in einem Schlafraum der Gemeinschaft, ohne sich bei dieser angemeldet zu haben. Nach Angaben von Frère Maxime, einem Geistlichen der Gemeinschaft, hatte sie bereits im Juni einige Tage in Taizé verbracht. "Sie wollte nicht Mitglied der religiösen Gemeinschaft werden", so Frère Maxime.  

Beisetzung am kommenden Dienstag

Der ermordete Prior von Taize, Frere Roger, wird am kommenden Dienstag 23. August, um 14 Uhr beigesetzt. Das teilte die ökumenische Gemeinschaft von Taize an ihrem Sitz in Burgund mit. Der Leichnam des 90-Jährigen werde bis dahin täglich von 15 bis 19 Uhr in der Kirche von Taize aufgebahrt. Zugleich teilte die Gemeinschaft mit, dass Bruder Alois sein Amt als neuer Prior mit sofortiger Wirkung angetreten hat. Der Protestant Frere Roger hatte den aus Stuttgart stammenden katholischen Mitbruder bereits vor acht Jahren als seinen künftigen Nachfolger benannt. Bruder Alois lebt seit 32 Jahren in der ökumenischen Gemeinschaft.

Roger nicht konvertiert 

In einem Interview mit dem "Westdeutschen Rundfunk" betonte Bruder Alois, dass sein prominenter Vorgänger nicht zur katholischen Kirche konvertiert ist. Der ermordete Prior habe sein ganzes Leben darauf verwandt, seinen reformierten Herkunftsglauben mit der katholischen Kirche zu versöhnen, ohne dass er deshalb mit seiner ursprünglichen Gemeinschaft gebrochen hätte, sagte Bruder Alois.

Ratzinger ließ Roger zur Kommunion zu 

Hintergrund der Äußerung ist eine Begebenheit bei der Trauermesse für Papst Johannes Paul II. im April, die weltweit Aufsehen erregt hatte. Der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger reichte dem Protestanten Frère Roger die Kommunion. Dies sei nicht neu gewesen, erläuterte Bruder Alois, selbst ein deutscher Katholik. Neu sei lediglich, dass es "sehr sichtbar" erfolgt sei. Bereits früher hatte Bruder Alois auf Anfrage mitgeteilt, dass Frere Roger bereits seit 25 Jahren im Petersdom die Kommunion empfange. Johannes Paul II. hatte den Taize-Gründer fast jedes Jahr in Privataudienz empfangen. Nach katholischer Lehre ist es nicht erlaubt Nichtkatholiken zur Kommunion zuzulassen. Ausnahmen sind für Nichtkatholiken möglich, die den Glauben der katholischen Kirche aus ganzem Herzen teilen. 

 

 

 

 

 
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