News 22. 09.
2005 |
Suche nach Gotovina: Auch Kloster auf
Hvar im Polizeivisier
Zeitung veröffentlicht "schwarze
Liste" mit namentlich genannten Bischöfen. Das Vorgehen der Chefanklägerin
des Haager UNO-Kriegsverbrechertribunals, Del Ponte, stößt unterdessen in
Kroatien auch in Menschenrechtskreisen auf Skepsis.
Die Vorwürfe der
Chefanklägerin des Haager UNO-Kriegsverbrechertribunals, Carla del Ponte,
wonach die katholische Kirche in Kroatien und der Vatikan den als
Kriegsverbrecher gesuchten Ex-General Ante Gotovina decken, sorgt weiter für
Diskussionen. Die Tageszeitung "Vecernji list" berichtete am
Donnerstag, dass auch ein Kloster auf der Insel Hvar als möglicher
Schlupfwinkel im Visier der Ermittler gestanden war. Kritik am Vorgehen Del
Pontes kam in Kroatien unterdessen auch von Menschenrechtsaktivisten. Papst kontaktiert
Del Ponte hatte gegenüber
der britischen Tageszeitung "Daily Telegraph" erklärt, sie sei
sicher, dass sich der einstige französische Fremdenlegionär in einem
kroatischen Franziskanerkloster versteckt halte. Sie habe diesbezüglich
auch Papst Benedikt XVI. kontaktiert, aber keine Antwort erhalten. Sowohl
der Vatikan als auch die kroatische Bischofskonferenz wiesen die
Anschuldigungen der UNO-Chefanklägerin zurück. Durchsuchung ohne Ergebnis
Die Zeitung "Vecernji
list" titelte am Donnerstag: "Del Ponte: Gotovina ist in einem
Kloster auf Hvar". Tatsächlich war dem Artikel zufolge bereits im
Sommer des Vorjahres ein Benediktinerinnen-Kloster auf der Adriainsel Ziel
einer Polizeiaktion gewesen. Ein Zeuge hatte gemeldet, er habe Gotovina in
Begleitung von Franziskanern das Kloster verlassen sehen. Daraufhin seien
Polizeieinheiten und Mitarbeiter des Geheimdienstes POA alarmiert worden.
Eine Durchsuchung brachte aber kein greifbares Ergebnis. Bei dem Zeugen, so
die Zeitung, handelte es sich allerdings um einen Drogensüchtigen aus
Split. Del Pontes „schwarze Liste“
Die Aktion auf Hvar sei
geheim gehalten worden, so "Vecernji list" weiter. Vielmehr wurde
später berichtet, dass es einen Polizeieinsatz auf der Insel Vis gegeben
habe, wo sich ein Franziskanerkloster befindet. Ein Sprecher des
Innenministeriums stellte gegenüber "Vecernji list" fest, dass
die Kooperation mit der Kirche hervorragend funktioniere. Auf der
"schwarzen Liste" Del Pontes befinden sich laut "Vecernji
list" jedoch die Bischöfe Mile Bogovic (Diözese Gospic-Senj), Marin
Barisic (Split-Makarska), Ratko Peric (Mostar-Duvno in Bosnien-Herzegowina)
und Militär-Bischof Juraj Jezerinac. Als Verbindungsmann zwischen der
Kirche und den Anwälten Gotovinas soll Militär-Generalvikar Josip Santic
fungieren. Erzbischof bestreitete Vorwürfe
Del Ponte hatte auch
katholische Kirchenkreise im vorwiegend von Kroaten bewohnten Teilen
Bosnien-Herzegowinas vorgeworfen, Gotovina zu unterstützen. "Slobodna
Dalmacija" zitierte dazu am Donnerstag einen Franziskanerpater aus der
Herzegowina mit den Worten: "Seitdem sie ihn angeklagt haben, ist
Gotovina nicht gekommen. Der Erzbischof von Sarajevo, Kardinal Vinko Puljic,
hatte im Mai auf APA-Anfrage bestritten, dass Teile der katholischen Kirche
in Gotovina Hilfe und Unterschlupf gewähren. "Es ist eine
Fehlinformation, dass Gotovina unter meinem Schutz steht", sagte Puljic
damals. "Ich kann versichern, dass die katholische Kirche nichts damit
zu tun hat. Ich kenne General Gotovina nicht, habe ihn noch nie gesehen und
würde auch nicht zulassen, dass einer meiner Priester ihm helfen würde." Menschenrecht-Aktivisten skeptisch
Skepsis über das jüngste
Vorgehen Del Pontes herrscht in Kroatien aber auch in Menschenrechtskreisen.
Der Chef des Zagreber Büros der Internationalen Helsinki Föderation (IHF),
Zarko Puhovski, sagte der Zeitung "Novi list", er glaube nicht,
dass sich Gotovina in einem Franziskaner-Kloster verstecke. "Den Haag
kann sich auf die Praxis der Kirche in den 40-er-Jahren des vergangenen
Jahrhunderts berufen. Aber Gotovina ist nicht Pavelic und die Kirche nicht
so, wie sie damals war." Die 1929 von Ante Pavelic gegründete
Ustascha-Bewegung hatte in Kroatien von 1941 bis 1945 als Handlangerin des
deutschen Nazi-Regimes geherrscht. Kritik an Del Ponte
Puhovski übte auch
Kritik an Del Ponte: "Vielleicht könnte man jetzt alle Franziskanerklöster
durchsuchen, aber keinesfalls ohne gerichtlichen Durchsuchungsbefehl und auf
der Informationsbasis, dass er sich in einem nicht näher genannten Kloster
befinde. Für einen Durchsuchungsbefehl muss man aber konkrete Informationen
sammeln." Flüchtiger Kriegsverbrecher
Gotovina wird vom UNO-Tribunal in Den Haag wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gegen Serben bei der Operation "Sturm" im Jahr 1995 gesucht. Er wird vor allem für die Ermordung von 150 Serben bei der Rückeroberung der Krajina verantwortlich gemacht. Der für März dieses Jahres vorgesehene Beginn der Beitrittsgespräche mit Zagreb liegt wegen mangelnder Kooperation mit dem UNO-Tribunal vorerst auf Eis.
Weitere News zum Thema:
- 20. 09. 2005: Del Ponte: Kirche schützt mutmaßlichen Kriegsverbrecher Gotovina - 20. 05. 2005: Kardinal Puljic: Kirche unterstützt General Gotovina nicht
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