News 12. 10. 2005

Patriarch von Jerusalem verlangt Abendmahlsaal zurück

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, hat vor der Weltbischofssynode in Rom beklagt, dass der Abendmahlsaal in Jerusalem heute ein Museum ist.

Seit Jahrhunderten sei die Eucharistie nicht mehr an der Stätte ihrer Einsetzung permanent präsent, sagte Sabbah.

Soziale Dimension der Eucharistie

Für die Christen im Heiligen Land habe die Eucharistie ein soziale Dimension, hob der Palästinenser hervor: In dem Land, das "seit vielen Jahren von Konflikt, Hass, Tod, vergossenem Blut und verletzter Würde" geprägt werde, sei sie "Quelle und Kraft für eine aktive christliche Präsenz in der Gesellschaft". Sabbah forderte die christliche Minderheit im Heiligen Land zu mehr Selbstbewusstsein auf.

„Grab Davids“

Seit Jahren ist von einer Rückgabe des am Rand der Jerusalemer Altstadt gelegenen Abendmahlssaals an die Katholiken die Rede. Der Gebäudekomplex, in dem auch das "Grab Davids" verehrt wird, ist heute in israelischem Besitz. Im Heiligen Jahr 2000 hatte Vatikansprecher Joaquin Navarro Valls angedeutet, dass der Abendmahlsaal wieder eine Kirche werden könnte. Papst Johannes Paul II. hatte damals mit zwölf Kardinälen und Bischöfen im Abendmahlssaal eine Eucharistiefeier konzelebriert. Es war das erste Mal seit 1551, dass in dem Saal wieder eine Messfeier stattfand. 1551 hatten die damaligen osmanischen Behörden in Jerusalem den Abendmahlssaal beschlagnahmt und in eine Moschee umgewandelt. Heute ist der Saal leer; er kann zwar besichtigt werden, Messfeiern waren aber bis 2000 nicht möglich.

Von Titus 70 n. Chr. verwüstet

Die Evangelien enthalten über die Lage des Raumes, in dem Jesus vor seinem Tod mit den Aposteln das Passah-Lamm essen wollte, keine genauen Angaben. Schon früh wurde angenommen, dass der Abendmahlssaal mit dem "Obergemach" identisch ist, in dem die Jünger dem auferstandenen Christus begegneten und die Herabkunft des Heiligen Geistes erwarteten. Ein frühchristlicher Schriftsteller, der Heilige Epiphasius, berichtete, dass Kaiser Hadrian bei seiner Palästinareise im Jahr 130 Jerusalem noch so verwüstet vorfand, wie Titus es 70 n.Chr. zerstört hatte, "mit Ausnahme einiger Häuser und einer kleinen christlichen Kirche, die sich dort erhob, wo nach der Himmelfahrt des Erlösers die Jünger in den Obersaal hinaufstiegen". Ihre Lage im südwestlichen Winkel der Stadt - im Bereich des heutigen Hügels Zion - hatte sie möglicherweise vor Zerstörung bewahrt.

Basilika im 4. Jahrhundert

Im 4. Jahrhundert wurde über diesem Kirchlein eine große fünfschiffige Basilika errichtet, die den Namen "Hagia Zion" erhielt. Die Kreuzfahrer fanden sie in Trümmern vor und bauten auf den alten Fundamenten eine neue Kirche "St. Maria vom Berg Zion". Eine Kapelle im Nordschiff der Kirche war der Himmelfahrt Mariens geweiht, während das südliche Schiff den Abendmahlssaal beherbergte.

Franziskanerkloster

Das nach dem Ende des lateinischen Königreichs wieder verfallene Heiligtum wurde 1333 von König Robert von Neapel erworben und mit Einwilligung des Heiligen Stuhls den Franziskanern anvertraut. Roberts Gemahlin Sancia erbaute den Franziskanern an den Abendmahlssaal anschließend ein kleines Kloster. Die Abendmahlskapelle wurde restauriert und erhielt die heute noch vorhandene gotische Form. Zwei Säulen teilen den Raum in zwei Schiffe.

Vertreibung der Franziskaner

Die Franziskaner wurden 1551 von den osmanischen Behörden vertrieben. Zunächst fanden sie Zuflucht bei den Armeniern, wenig später konnten sie von den Georgiern ein Kloster erwerben. Sie nannten es St. Salvator. Dieses Kloster ist bis heute das Hauptkloster der Franziskaner im Heiligen Land. Es liegt im christlichen Viertel in der Jerusalemer Altstadt, beim Neuen Tor.

Erdgeschoß ist Synagoge

Seit 1948 ist das Erdgeschoß des Abendmahlssaales Synagoge, in der man das Grab König Davids verehrt. Der 15 Meter lange und neun Meter breite Obersaal, zu dem man auf einer Außentreppe gelangt, ist heute leer. Er steht zwar den Besuchern offen, die Messfeier, die hier ihren Ursprung hat, durfte aber bis 2000 nicht stattfinden. Ein 1936 entstandenes kleines Franziskanerkloster konnte nach zwölfjähriger Verödung nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg erst 1960 wieder eröffnet werden. In der 1981 renovierten Kapelle wird im Angesicht des Abendmahlssaales die Heilige Messe gefeiert.

 
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