Weblog 31. 08. 2003

Auf Feldern säen sie die Saat für eine neue Zukunft

Die Männer von der Drogen-Farm

 

Bruder Norman, der für so viele ein Vater ist. Seite an Seite mit Ruth Pfau. Ein frommer Mann mit einem großen Herz für Jugendliche und Außenseiter der Gesellschaft. Er kommt aus der Autostadt Chicago. „Mo-Town”, nennt das der Amerikaner. „Clean-Town” heißt die kleine Stadt, die der Bruder für seine Mitmenschen gebaut hat.

 „Clean-Town”

Sie liegt fünf Autostunden entfernt von Karachi. Die letzten beiden Stunden lernen wir das Wort „Straße“ völlig neu zu definieren. Schlagloch an Schlagloch - und der uralte Jeep aus der Lepraklinik schafft’s irgendwie dann doch.

Geschafft sind wir. Obwohl irgendwie auch ziemlich gut drauf. Pippa und Christiane heißen die beiden Volontäre, die sich mit uns und dem Bruder Norman auf den Weg nach „Clean-Town” gemacht haben. Pippa und Christiane sind sehr lieb und große Menschenfreunde. Die eine studiert in Wien, die andere in Tübingen.

Friends forever - das war schnell klar.

Wer in „Clean-Town” lebt, der schließt auch Freundschaft mit dem großen Geistlichen aus den Staaten. Dazu muss der Patient allerdings einen langen Weg gehen. 

Länger als der unserer mühsamen Anfahrt über Stock und Stein...

Mitten im Grünen, zwischen Treckern, Bananenbäumen und Maisfeldern stoppt unser altersschwaches Fahrzeug.

Schnell eilen diverse Teens und Twens heran, die sich von ihren Lagern erheben.

Endstation Drogen-Farm. Hier versuchen 180 Männer einen neuen Anfang.

Viele schaffen es, viele aber auch nicht.

„Statistiken gibt es nicht, aber die Erfolgsquote dürfte bei 50 Prozent liegen”, schätzt der Geistliche mit dem Stoppelhaar.

Arbeit für Machos

Allein die Existenz einer solchen Farm ist ein voller Erfolg. Die Buddies werden wieder eingegliedert in die Gesellschaft. Das soll über den Umweg mit Axt, Spaten und Kochlöffel geschehen. „Alle machen hier alles”, sagt der Bruder. „Mal ist es Küchendienst, dann müssen sie Holzhacken, dann Land bewirtschaften, manchmal auch nähen - und waschen.”

Das war für die Männer neu, anfangs ein Greuel, denn der Pakistani ist Macho durch und durch - und Frauen gehören nach Landesdiktion in die Küche und an den Waschtrog.

Auch dagegen kämpft Ruth Pfau an.

Hier kämpfen die Insassen (das wohl korrekte Wort, denn an die Füße werden bisweilen Schlösser gelegt) gegen ihre Sucht - und die Hitze.

Zwischen 11 und 14.30 Uhr scheint die Zeit still zu stehen, in der Sonne sind’s

locker über 50 Grad. Allein beim Hinschauen auf sandigen Boden läuft der Schweiß.

Sechs Monate Drill und körperliche Ertüchtigung heißt die Devise. „Die Jungen laufen durch ein Zwölf-Punkte-Programm, die letzten Ebenen der „Erziehung“ setzen auf militärische Normen: „Bei der Armee ist es auch nicht anders”, sagt Bruder Norman. „Da müssen die Männer durch.” Hart aber herzlich.

Den Patienten scheint’s zu gefallen. „Das Essen ist o.k., die Betreuung und die Unterkünfte auch”, sagt Asherzad, der seit vier Monaten auf der Farm lebt.

Bauer will er hinterher werden. Einen Beruf hat er bisher nicht ausgeübt, ein wenig Marihuana verkauft - bis sie ihn erwischt haben.

„Da habe ich Glück gehabt, dass ich zu Bruder Norman kam”, sagt er. Pakistanische Gefängnisse sind nicht unbedingt für ihren hohen Freizeitwert bekannt.

Nach den sechs Monaten auf der Farm können die Insassen eine Durchgangsstation in Karachi aufsuchen. Hier gibt ihnen Bruder Norman ein Heim und Schutz vor den Gefahren eines lauten Schmelztiegels mit bis zu 18 Millionen Einwohnern namens Karachi.

Die meisten der Freunde von der Farm machen von diesem Schutzhaus Gebrauch. 

Geldprobleme

Natürlich hat auch Bruder Norman große Probleme mit der Finanzierung seines in Pakistan einmaligen Projekts. Wer gibt in einem armen Land schon Geld für Drogenabhängige?

Gut, dass es da eine Freundin aus Ohio gibt und einen findigen Chinesen, der den Geistlichen im Farm-Management unterstützt.

Norman: „Wir versorgen uns auf der Farm natürlich selbst. Wir produzieren Überschüsse, verkaufen Obst, Gemüse und Getreide auf den Märkten - aber das reicht eben nicht. Darum geht die Freundin aus den USA in den Staaten sammeln.”

Als sich die Sonne Richtung Horizont verabschiedet, tuckert der letzte Trecker in die Scheune - heute abend ist TV-Movie Zeit. Schnell duschen - und dann warten Tom Hanks und „Sleepless in Seattle“.

 

Ihr Internet-Reporter schreibt über das abenteuerliche Leben der Ruth Pfau ein Buch, in dem Sie viele der Abenteuer nachlesen können. Es erscheint im Sommer 2004 im Herder-Verlag. Das aktuelle Buch von Ruth Pfau: "Mein Weg".  

 

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Weiter Infos unter:

- www.ruthpfau.com 

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