News 06. 02. 2012

Muzicant besorgt über jüdische Abwanderung aus Österreich

Die Zahl der Juden in Österreich schrumpft. "Es gibt derzeit eine jüdische Abwanderung aus Österreich", so der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Ariel Muzicant, im Interview mit der APA. Er will den Trend durch gezielte Einbürgerung umkehren. Mit dem neuen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemein-schaft, Fuat Sanac, will der IKG-Präsident auch unangenehme Themen diskutieren können.

80 bis 100 Juden wandern laut Muzicant jährlich aus. "Ein junger jüdischer Mensch, der einen jüdischen Partner sucht, findet ihn in der Regel nicht mehr in Österreich und sucht sich dann eben einen jüdischen Partner woanders." Jene, die blieben, würden sich allerdings vermehrt in der IKG registrieren, so Muzicant. Die Jüdische Gemeinde sei in den vergangenen 15 Jahren um 30 Prozent gewachsen. Muzicant hofft nun, den generellen Trend zur Abwanderung durch gezielte Zuwanderung mittels Rot-weiß-rot-Card umkehren zu können.

Rechte der Juden stärker verankert

Eine Novelle zum 120 Jahre alten Israelitengesetz, die in den kommenden Wochen den Ministerrat passieren soll, soll zudem Rechtssicherheit für die jüdische Bevölkerung schaffen. "Es werden die Rechte der heute in Österreich lebenden Juden als Juden stärker verankert", so Muzicant, etwa Feiertage und koschere Lebensmittel. Das Gesetz sei zwar für niemanden zwingend, allerdings könne man sich bei der Durchsetzung von Rechten darauf berufen. "Wir können zum Beispiel an einem solchen Feiertag nicht vor ein Amt gezerrt werden."

Kein Wahlkampf in den Medien

Bei den Mitte November anstehenden Wahlen in der IKG Wien kandidiert Muzicant, der seit 1998 Präsident ist, nicht mehr. Stattdessen hat seine Liste "Atid" Vizepräsident Oskar Deutsch als Nachfolger nominiert. Die Gegenkandidatur des Psychoanalytikers und Consulters Martin Engelberg, der mit der Wahlgruppe "Jüdisches Leben" antritt, sieht Muzicant gelassen: "Man kann immer behaupten, alles besser zu machen." Aber: "Ich sehe niemand anderen als den Herrn Deutsch, der bereit ist, die Arbeitsbelastung auf sich zu nehmen." Bei der Wahl würden etliche Listen antreten und der Wahlkampf sollte nicht in österreichischen Medien geführt werden.

Friedhöfe: Unterschrift fehlt

Im Fall der jüdischen Friedhöfe spricht Muzicant von einer "Politik der kleinen Schritte". Drei große Dinge habe man erreicht: Die Zusage der Republik über eine Mio. Euro jährlich sowie die Verpflichtung mancher Bundesländer, Teile der Instandhaltung zu finanzieren. Für die ausgehandelte Pflegevereinbarung fehle lediglich die Unterschrift des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ) als Vorsitzender des Städtebundes. Sanierungsarbeiten seien bereits angegangen worden, im März werde die Fertigstellung der ersten Sanierung am ersten Tor in der Seegasse gefeiert. Muzicant: "Langsam aber sicher scheint es zu werden."

„Gutes Gespräch“ mit Muslimen

Zuversichtlich ist Muzicant auch bei der neuen Führung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). "Es hat ein sehr gutes Gespräch gegeben, er hat uns besucht, wir haben uns gegenseitig versprochen, mehr miteinander zu kommunizieren. Es war einmal ein guter Anfang." Der Dialog mit den Muslimen müsste nun aber auch dazu führen, "dass man sich irgendwann traut, die heiklen Themen anzugreifen. Wir können nicht immer nur über die sogenannten Gemeinsamkeiten reden".

(APA)

 

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