News 16. 03. 2012

Italien: Bischöfe empört über Gerichtsurteil zur gleichgeschlechtlichen Ehe

Italienische Homosexuellen-Verbände, die für die Einführung der Homo-Ehe in Italien kämpfen, feiern einen wichtigen Erfolg. Das Kassationsgericht in Rom betonte in einem von Schwulenverbänden als historisch bewerteten Urteil, dass Homosexuellen-Paare ein „Recht auf ein Familienleben“ haben. Die italienische Bischofskonferenz hingegen sieht in dem Urteil einen „Bruch mit der Verfassung“.

Der oberste italienische Gerichtshof für Zivilangelegenheiten hatte am Donnerstag in Rom entschieden, dass homosexuellen Partnerschaften ein „Recht auf Familienleben wie bei jedem anderen verheirateten Paar, das aus Ehemann und Ehefrau besteht“ zustehe. Das Gericht musste sich zum Fall eines italienischen homosexuellen Paares aussprechen, das vor 10 Jahren in den Niederlanden geheiratet hatte. Das Paar hatte daraufhin die rechtliche Anerkennung ihrer Ehe in Italien gefordert. Das Kassationsgericht lehnte die Forderung ab, da das italienische Gesetz keine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern vorsieht. Die Richter urteilten jedoch, dass homosexuellen Paaren dieselben Rechte zugesprochen werden müssen, die das Gesetz verheirateten Paaren sichert. Der Geschlechtsunterschied als Bedingung für die Ehe sei aber ein überwundenes Prinzip, betonten die Kassationsrichter.

Bischof von San Marino sieht „Ehe ausgehöhlt“

Vertreter der katholischen Kirche in Italien haben mit Kritik auf ein Urteil des Kassationsgerichtshofs des Landes zu den Rechten homosexueller Paare reagiert. Das Urteil sei eine „schwerste Verletzung der Verfassung“ und ein „logischer und rechtlicher Widerspruch“, sagte der in der Italienischen Bischofskonferenz (CEI) für die Glaubenslehre zuständige Bischof Luigi Negri der Turiner Tageszeitung „La Stampa“ am Freitag. Wenn Worte wie „Ehe“ und „Familie“ auf homosexuelle Partnerschaften übertragen werden, würde die wahre Bedeutung dieser Begriffe ausgehöhlt, kritisierte Negri, der Bischof von San Marino ist.

EU könnte Anerkennung erzwingen

Der italienische Homosexuellenverband Arcigay begrüßte das Urteil des Kassationsgerichts. Dies könne den Weg zu einer Anerkennung des Rechts auf homosexuellen Ehen ebnen. „Italien ist das einzige europäische Land, das nicht einmal zusammenlebenden homo- oder heterosexuellen Partnern Anerkennung garantiert. Uns bleibt die Hoffnung, dass das EU-Parlament Italien bald zwingen wird, seine Gesetzgebung zu ändern. Es ist unerträglich, dass italienische homosexuelle Paare auswandern müssen, damit ihre Rechte anerkannt werden“, erklärte Arcigay-Sprecher Franco Grillini gegenüber der APA.

Gleichgeschlechtliche Ehe scheiterte am katholischen Widerstand

Eine Gesetzesvorlage zur rechtlichen Anerkennung homo- und heterosexueller Lebenspartnerschaften war 2006 dem Parlament von der Mitte-Links-Regierung unter dem italienischen Ministerpräsident Romano Prodi vorgelegt worden. Sie konnte jedoch wegen des scharfen Widerstands aus katholischen Kreisen nicht durchgesetzt werden. Seitdem ist das Thema nicht mehr in Angriff genommen worden.

 

(APA/KAP)

 

 

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