Abu-Bakr, der erste Kalif
Regierungszeit 632 - 634 als erster Nachfolger Muhammads: Festigung des
islamischen Gemeinwesens, Sicherung der Grenzen, Eroberung von
Südmesopotamien.
Abu-Bakr war ein persönlicher Freund des Propheten. Als Vater von
Muhammads Gattin Aischa wurde er später auch dessen Schwiegervater. Er war
ein wohlhabender Mann von angenehmem Wesen, der schon früh den Islam
annahm. Als die ersten Anhänger des Islam in Mekka verfolgt wurden, kaufte
er etliche Sklaven frei, die von ihren Herren misshandelt wurden, weil sie
sich zu der neuen Religion bekannten.
Er verließ Mekka gemeinsam mit dem Propheten, um ins nördlich gelegene
Medina auszuwandern. Auf der gefährlichen Reise entgingen sie nur knapp
ihren Verfolgern.
Erst beim Ableben des Propheten trat Abu-Bakr stärker ins Licht der
Öffentlichkeit. Nach Muhammads Tod entstand Verwirrung; viele Muslime
wollten nicht glauben, dass der Gottgesandte sie verlassen hatte. Doch
Abu-Bakr behielt die Nerven und sprach zu ihnen:
"Falls einer von euch Muhammad verehrt hat, so soll er wissen, dass
Muhammad tot ist. Wer aber Gott angebetet hat, der möge wissen, dass Gott
lebt und unsterblich ist!"
Wahl des Kalifen
Unter den Versammelten folgte eine längere Debatte, wer nun Kalif werden
solle. Während der Krankheit des Propheten hatte Abu-Bakr auf dessen Wunsch
die gemeinschaftlichen Gebete geleitet, deshalb fiel die Wahl auf ihn. In
seiner Antrittsrede sagte er:
"Ich bin zu eurem Kalifen gewählt worden, obgleich ich nicht besser
bin als irgend einer von euch. Wenn ich mich korrekt verhalte, gebt mir eure
Unterstützung und wenn ich Fehler mache, macht mich darauf aufmerksam! ....
Der Schwache soll in meinen Augen stark sein, bis ich ihm sein verlorenes
Recht wiedergegeben habe; der Mächtige jedoch soll in meinen Augen schwach
sein, bis ich das Recht des Schwachen von ihm genommen habe."
Nicht über dem Gesetz
Er machte auch deutlich, dass er als Herrscher nicht über dem Gesetz
stand. Während seiner zweijährigen Regierungszeit kam es zu einer Reihe
von Aufständen. Beduinenstämme, die gegenüber Muhammad persönlich loyal
gewesen waren, wollten sich nicht in das neue Staatswesen fügen. Andere
verweigerten die Abgabe der Zakat, der 2,5 %igen Steuer, die sozialen
Zwecken dient. Zudem trat noch eine Reihe falscher Propheten auf, von denen
es einige nach der Macht gelüstete. So sah sich Abu-Bakr von allen Seiten
bedrängt, doch er handelte entschlossen.
Nachdem er einen Angriff aufrührerischer Stämme auf Medina
zurückgeschlagen hatte, besiegte er die wichtigsten Widersacher und es
gelang ihm, die Völker der arabischen Halbinsel zu einigen.
Aufruf zur Milde
Bedeutsam ist die Anweisung, die er seinen Truppen mit auf den Weg gab:
"Wenn ihr siegreich seid, nützt euren Vorteil nicht aus und hütet
euch davor, eure Schwerter mit dem Blut derer zu beflecken, die sich
ergeben. Rührt die Frauen nicht an, schont die Kinder und die Kranken. Haut
keine Palmen oder Obstbäume um und zerstört keine Feldfrüchte und
Häuser. Zerstört nichts ohne absolute Notwendigkeit. Behandelt die
Gefangenen gut ... handelt nicht mit Falschheit, sondern seid aufrecht, edel
und haltet euer Wort. Stört nicht die Mönche und Einsiedler und zerstört
nicht ihre Klausen ..."
Schon zu Lebzeiten Muhammads hatte es Spannungen und Zusammenstöße an den
Grenzen zu den Reichen der Perser und Byzantiner gegeben. Während der
kurzen Regierungszeit Abu-Bakrs kam es zu Kriegshandlungen und zur Eroberung
Südmesopotamiens durch die Muslime.
Abu-Bakr starb 634 in Medina. Er trägt den Beinamen Siddiq, was
"der Aufrichtige" bedeutet.
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