Hans Hermann Groer †
Der Benediktinerpater Hans Hermann Groer (1919 - 2003) war von 1986 bis
1995 Erzbischof von Wien.
Hans (Taufname) Hermann (Ordensname) Groer wurde am 13. Oktober 1919 in
Wien geboren. Seine Eltern übersiedelten 1929 aus beruflichen Gründen in
die Tschechoslowakei und kehrten 1939 zurück. Groer selbst besuchte trotz
dieser Übersiedlung nach Brünn österreichische Schulen - zuerst in Wien
und dann im Gymnasium bzw. im Seminar von Hollabrunn. Nach dem
Theologiestudium wurde Groer 1942 zum Priester geweiht. 1943 schied er aus
gesundheitlichen Gründen aus dem deutschen Militärdienst aus, war
zunächst als Pfarrvikar in Petronell tätig und blieb dann bis 1946
Pfarrvikar in Bad Vöslau. Anschließend wurde er (bis 1952) Studienpräfekt
im Hollabrunner Knabenseminar.
Interesse am Laienapostolat
Von 1952 bis 1976 war Groer Religionsprofessor am Hollabrunner
Bundesgymnasium und Studentenseelsorger. Von 1959 bis 1963 war er auch
Kaplan in Hollabrunn. Sein besonderes Interesse galt in diesen Jahren
verschiedenen Formen des Laienapostolats. Er war in der Pfadfinderbewegung
und insbesondere auch für die "Legion Mariens" tätig, deren
gesamtösterreichische Leitung er 1970 übernahm.
Religiöse "Wiederbelebung" von Maria Roggendorf
Für Groers weiteres Wirken wurde schließlich sein Interesse für den
alten Marienwallfahrtsort Roggendorf im Weinviertel von ausschlaggebender
Bedeutung. Dieser Wallfahrtsort war längst in Vergessenheit geraten, bis er
auf Groers Initiative 1969 wieder zu religiösem Leben erweckt wurde. Groer
führte in Roggendorf monatliche Wallfahrten ein, der Ort selbst trägt seit
1971 wieder den Namen Maria Roggendorf. Ab 1970 war Groer Wallfahrtsdirektor
von Roggendorf. Relativ spät entschloss sich Groer, in den
Benediktinerorden einzutreten. Seine feierliche Profess legte er 1980
61-jährig in Göttweig ab. Auf Groer geht weiters die Gründung des
Zisterzienserinnenklosters Marienfeld bei Maria Roggendorf zurück (1982).
Ihm ist auch die Errichtung des Aufbaugymnasiums der Erzdiözese Wien in
Hollabrunn zuzuschreiben, dessen Direktor er 1974 wurde.
Neun Jahre Erzbischof von Wien
1986 wurde der in der Öffentlichkeit wenig bekannte Hans Hermann Groer
überraschend zum Wiener Erzbischof ernannt. Groer war damals - als
Religionslehrer bereits pensioniert - Wallfahrtsdirektor in Maria
Roggendorf. Einer der großen Höhepunkte von Groers Amtszeit war 1988 der
zweite Besuch von Papst Johannes Paul II. Sehr verdient hat sich Groer um
seine Domkirche St. Stephan gemacht: Der Dom erhielt einen neuen Volksaltar
und eine neue Orgel. Am 29. Mai 1988 ernannte Papst Johannes Paul II Hans
Hermann Groer zum Kardinal. Erzbischof von Wien blieb Groer bis 1995.
Überschattet von Missbrauchsvorwürfen
Überschattet wurde die neunjährige Amtszeit Groers von den erstmals
1995 aufgetauchten Vorwürfen, Groer habe während seiner Zeit als
Religionsprofessor am Knabenseminar Hollabrunn Minderjährige sexuell
belästigt oder gar missbraucht. Groer schwieg zu den Anschuldigungen
beharrlich - bis auf zwei schriftliche Erklärungen, in denen er aber auch
nicht klar Stellung bezog. Der Vatikan reagierte nur indirekt: Am 13. April
wurde Christoph Schönborn als Erzbischof-Koadjutor mit dem Recht auf
Nachfolge eingesetzt. Mit Wirkung per 14. September 1995 wurde dann Groers
Rücktrittsgesuch - längst vor der "Affäre Groer" aus
Altersgründen eingebracht - angenommen. Am 1. September 1996 übernahm
Groer dann doch wieder ein kirchliches Amt: Er wurde Prior des
Benediktinerklosters in Maria Roggendorf, einem Ableger des Stiftes
Göttweig. Doch auch dieses Amt musste Groer nach neuerlichen Vorwürfen
gegen ihn zurückgelegen. Nachdem die Bischöfe Christoph Schönborn, Johann
Weber, Georg Eder und Egon Kapellari in einer Stellungnahme erklärt hatten,
dass sie zur "moralischen Gewissheit" gelangt wären, dass die
Vorwürfe gegen Groer "im Wesentlichen zutreffen" und nach einer
vom Vatikan verordneten "Visitation" in Stift Göttweig bat Groer
1998 in einer Erklärung, "Gott und die Menschen" um Vergebung,
"wenn ich Schuld auf mich geladen habe". Kardinal Groer
übersiedelte zunächst in ein Nonnenkloster bei Goppeln in Deutschland.
Seine letzte Lebensjahre verbrachte er zurückgezogen in Marienfeld bei Maria
Roggendorf. 2003 verstarb er nach längerer schwerer Krankheit.
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