Franz Jägerstätter - Vom "Wehrkraftzersetzer" zum Märtyrer
Franz Jägerstätter gehört zu den bekanntesten österreichischen
Symbolfiguren des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Der
gläubige Katholik hatte sich geweigert, dem "Führer" den
bedingungslosen Fahneneid zu schwören und diesen Mut mit seinem
Leben bezahlt.
Franz Jägerstätter
kam 1907 in St. Radegund zur Welt - nur rund 30 Kilometer von
Braunau, der Geburtsstadt Adolf Hitlers, entfernt. Der uneheliche
Sohn einer Bauernmagd wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Erst
als seine Mutter heiratet, verbessert sich die Situation. Nach dem
Tod seines Stiefvaters übernimmt der vielseitig interessierte junge
Mann dessen Hof. Sein ganzer Stolz ist sein Motorrad - das erste im
ganzen Dorf. 1933 kommt eine uneheliche Tochter Jägerstätters zur
Welt. Er kümmert sich um das Mädchen und besucht es oft. Am
Gründonnerstag 1936 heiratet er Franziska Schwaninger. Statt einer
Hochzeitsreise pilgert das tief gläubige Paar nach Rom. Die beiden
bekommen drei Töchter. Dem Nationalsozialismus stehen sie von Anfang
an ablehnend gegenüber, nicht einmal Kinderbeihilfe nehmen sie von
dem "gottlosen" Regime an.
"Ihr wisst doch, was Christus gesagt hat"
1940 wird
Jägerstätter zum Wehrdienst einberufen. Als er 1941 zurückkommt, hat
er den festen Entschluss gefasst, sich nicht mehr durch die
Teilnahme an der ungerechten Kriegsführung des "Dritten Reiches" zu
versündigen. Im Februar 1943 flattert neuerlich der
Einberufungsbefehl ins Haus, aber diesmal weigert sich der Mesner,
"für Hitler eine Waffe in die Hand zu nehmen". Er erklärt sich
bereit, als Sanitäter Dienst zu tun, das wird aber abgelehnt.
Entgegen allen Bitten von Freunden und Verwandten bleibt
Jägerstätter bei seiner Haltung. Schließlich machen ihm die Nazis
den Prozess. Das Reichskriegsgericht in Berlin verurteilt ihn wegen
"Wehrkraftzersetzung" zum Tod. Am 9. August 1943 wird der damals
36-jährige Familienvater in Brandenburg an der Havel enthauptet. In
seinem Abschiedsbrief, den er mit gefesselten Händen schreiben muss,
heißt es: "Ich wollte, ich könnte Euch all dieses Leid, das Ihr
jetzt um meinetwillen zu ertragen habt, ersparen. Aber Ihr wisst
doch, was Christus gesagt hat: Wer Vater, Mutter, Gattin und Kinder
mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert." Jägerstätter war
überzeugt, nicht
gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein zu können.
Seligsprechung am Nationalfeiertag
Am 26. Oktober
2007 wurde Franz Jägerstätter selig gesprochen. Damit wurde dem
Innviertler Mesner eine späte Anerkennung zuteil. Als
Wehrdienstverweigerer war er in katholischen Kreisen lange Zeit
keineswegs unumstritten. Erst im Jahr 2005 erkannte der Vatikan das
Martyrium Franz Jägerstätters an. Der Weg dahin war jedoch lang und
konfliktreich. Man fürchtete, ehemalige Kriegsteilnehmer vor den
Kopf zu stoßen, würde man einen Wehrdienstverweigerer als Helden
hinstellen. Immer wieder wurde das Argument vorgebracht, einfache
Soldaten hätten nur ihre Pflicht getan. Kriegerwitwen klagten an,
Jägerstätter habe seine Familie im Stich gelassen, als er sich
weigerte, in den Krieg zu ziehen. Er habe gewusst, dass man ihn
dafür zum Tod verurteilen würde. Anfang der 70er Jahre brachte der
Dokumentarfilm "Der Fall Jägerstätter" unter der Regie von Axel
Corti eine österreichweite Diskussion ins Rollen. Der damalige
Linzer Diözesanbischof Franz Zauner stand dem Wehrdienstverweigerer
allerdings distanziert gegenüber. Auch die römische Kurie
befürchtete eine "zu starke Präferenz des Pazifismus". Jägerstätter
würde von Friedensgruppen und Zivildienst-Befürwortern missbraucht,
lautete ein häufiger Vorwurf aus Kirchenkreisen. Erst unter Zauners
Nachfolger Maximilian Aichern wendete sich das Blatt. Die
oberösterreichische Kirche bekannte sich zunehmend zu dem
Innviertler Märtyrer. Der Seligsprechungsprozess wurde aber erst
1997 offiziell eröffnet.
Scheuer: "Ein einsamer Zeuge des Gewissens"
Für den
Innsbrucker Diözesanbischofs Manfred Scheuer, der das Verfahren für
die Diözese Linz betreut hat, stand bald fest: Der wegen
"Wehrkraftzersetzung" hingerichtete Jägerstätter ist ein "einsamer
Zeuge des Gewissens, ein Prophet mit Weitblick und Durchblick". Er
habe unter "den vielen Stimmen der Propaganda und unter den Rufern
der Angst" den Heiligen Geist herausgehört. Von Seiten der Diözese
wurde das Verfahren 2001 abgeschlossen und der zuständigen
Kongregation in Rom übergeben.
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