Biographie - Hintergrund

Sedisvakanz

"Der Papst ist tot." Wenn diese Botschaft um die Welt geht, hat bereits das Ritual der Vorbereitungen für das Begräbnis des Pontifex und die Wahl seines Nachfolgers begonnen. 

Der Stuhl Petri steht leer, und diese ”Sedisvakanz” bedeutet, dass die Leiter der Kurienbüros ihr Amt nicht mehr ausüben dürfen und später dem neuen Papst ihren Rücktritt anbieten müssen. Nur wenige behalten ihre Funktion oder haben gerade jetzt besondere Aufgaben zu erfüllen, vor allem der vom Papst ernannte Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche. Die alte Tradition sah vor, dass der Camerlengo  - derzeit der spanische Kardinal Eduardo Martinez Somalo - mit einem elfenbeinernen Hämmerchen dreimal auf die Stirn des verstorbenen Papstes klopft und ihn dabei mit seinem Taufnamen anspricht. "Albine, dormesne?", so lautete die Formel beim Tod Johannes Pauls I., Albino Luciani: "Albino, schläfst du?"

Der Siegelring wird zerstört 

Wenn der Bischof von Rom stirbt, sollte als erster der Präfekt des Päpstlichen Hauses, derzeit Bischof James Michael Harvey, die Nachricht erhalten und dann umgehend den Camerlengo davon unterrichten. Der Camerlengo bestätigt dann in Anwesenheit von Zeugen offiziell den eingetretenen Tod und autorisiert den Totenschein. Seine nächste Pflicht besteht darin, den Ring des Heiligen Vaters, den "Fischerring", an sich zu nehmen. Er ist dafür verantwortlich, dass der Ring mit dem päpstlichen Siegel zerstört wird.

Die Nachricht wird bekannt gegeben

Dem Camerlengo obliegt es, sofort den Kardinalvikar von Rom - momentan der italienische Kardinal Camillo Ruini - über die eingetretene Situation in Kenntnis zu setzen, dieser informiert dann die Öffentlichkeit. Außerdem verständigt er oder der Präfekt des Päpstlichen Hauses den Dekan des Kardinalskollegiums, das ist derzeit der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger. Dieser hat die Pflicht, den Mitgliedern des Kardinalskollegiums, die gleichzeitig zu Kongregationen und zur Papstwahl einberufen werden, sowie den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschaftern und den Staatsoberhäuptern der betreffenden Nationen die Trauernachricht zu übermitteln. Neben diesem formellen Vorgehen gelangt die Information natürlich heute blitzschnell zu den Medien und damit an die Öffentlichkeit.

Fotos des Verstorbenen sind tabu

Unter Verantwortung des Camerlengo werden das Arbeitszimmer und die Privatgemächer des verstorbenen Papstes versiegelt. Streng verboten sind Fotos vom sterbenden oder toten Pontifex, der Kardinal-Camerlengo kann solche zu Dokumentationszwecken nur dann zulassen, wenn der tote Papst mit den Pontifikalgewändern bekleidet ist. Man will verhindern, was 1958 der Leibarzt von Pius XII., Riccardo Galeazzi, gemacht hatte: Aufnahmen, die schreckliche Einzelheiten des Körpers im Todeskampf oder unmittelbar nach dem Tode zeigten.

Keine Autopsie

Nach dem Ableben von Johannes Paul I. im September 1978 hat die Welt erfahren, dass der Leichnam eines Papstes nach allen Regeln der Kunst einbalsamiert, aber keiner Autopsie unterzogen wird. Das rief eine vor allem vom britischen Autor David Yallop (”Im Namen Gottes”) verfochtene Mordtheorie ins Leben, zumal aus der Geschichte bekannt war, dass schon einige Päpste ermordet wurden, zumeist durch Gift. Der amerikanische Jesuit Thomas Reese hält es in seinem Buch ”Im Inneren des Vatikan" für ”ein schwerwiegendes Versäumnis der Interregnumsregeln, keine von unabhängigen Pathologen durchgeführte Autopsie durchzuführen".  

”Sonderkongregationen”

Zusammen mit drei Kardinälen, jeweils einem aus der Ordnung der Kardinalbischöfe, der Kardinalpriester und der Kardinaldiakone, die alle drei Tage durch das Los neu bestimmt werden und mit ihm die ”Sonderkongregationen” bilden, hat der Camerlengo in der Zeit der Sedisvakanz die Letztverantwortung. So obliegt ihm auch, vom Apostolischen Palast, vom Lateranpalast und von der Sommerresidenz Castelgandolfo persönlich oder durch Delegaten Besitz zu ergreifen und sich um deren Erhaltung zu kümmern.

Anordnungen für Beisetzung

Der Camerlengo hat nach Anhörung der Kardinäle, die in den drei Rangordnungen den Vorsitz führen, alle Anordnungen hinsichtlich der Beisetzung des Papstes zu treffen und auch etwaige Wünsche des Verstorbenen zu berücksichtigen. Zunächst wird der Leichnam gewaschen, einbalsamiert und für die Tage der Trauer und das Begräbnis vorbereitet. Der Tote wird mit dem Bischofsstab ausgestattet, man legt ihm die liturgischen Gewänder an, mit denen er auch bestattet wird: eine weiße Albe, eine rot-goldene Dalmatika, eine große rote Kasel. Die erste Nacht halten Angehörige der Schweizergarde und einige Vertraute die Totenwache in der Sixtinischen Kapelle. Am folgenden Tag geleitet eine feierliche Prozession von Kardinälen, Bischöfen und anderen hohen Klerikern der römischen Basiliken den Leichnam in den Petersdom, wo er aufgebahrt wird. Mehrere Tage haben die Gläubigen Gelegenheit, von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen, an neun Tagen, den ”Novendiali”, werden von den Kardinälen Gottesdienste für sein Seelenheil gefeiert. Zwischen dem vierten und sechsten Tag nach dem Tod sollen das Requiem auf dem Petersplatz und die Bestattung unter dem Petersdom stattfinden.

Kollektive Kirchenführung

Nach dem Tod eines Papstes regiert die katholische Kirche für kurze Zeit kein Monarch, sondern ein Kollektiv, das Kardinalskollegium. Es besitzt jedoch ausdrücklich "keinerlei Vollmacht oder Jurisdiktion bezüglich jener Fragen, die dem Papst zu Lebzeiten oder während der Ausübung der Aufgaben seines Amtes zustehen; diese Fragen müssen alle ausschließlich dem künftigen Papst vorbehalten bleiben". Die Kardinäle haben sich lediglich um "Fragen, die keinen Aufschub dulden", und um das zu kümmern, "was zur Wahl des neuen Papstes erforderlich ist". An den Generalkongregationen, die auch in der Trauerzeit täglich stattfinden und denen während der Vakanz die Hauptentscheidungen vorbehalten sind, müssen alle zur Papstwahl berechtigten Kardinäle, die nicht aus anerkannten Gründen verhindert sind, teilnehmen. Den Vorsitz führt der Dekan, Joseph Ratzinger aus Deutschland, oder der Subdekan des Kollegiums, der Italiener Angelo Sodano.

Wichtige Würdenträger

Einzelne Amtsträger erhalten in diesen Tagen besondere Bedeutung. Der Camerlengo (Kardinal Somalo), der Kardinalvikar von Rom (Kardinal Ruini), der Großpönitentiar der Kirche (Erzbischof Luigi de Magistris) sowie der Erzpriester der Basilika von St. Peter und Generalvikar für die Vatikanstadt (beides derzeit in Personalunion Erzbischof Francesco Marchisano) verbleiben in ihren Ämtern. Sie dürfen sogar im Notfall während eines Konklaves - nach Zustimmung der gerade amtierenden Sonderkongregation - mit ihren Büros Kontakt halten. Auch manche andere vatikanische Funktionäre, etwa die Nuntien, bleiben auf ihren Posten und sind hierüber dem Kardinalskollegium verantwortlich.

 

 

Link:

- Apostolische Konstitution über die Vakanz und die Wahl des Papstes (Vatikan)

 

 

 

Lesen Sie auch:

- Konklaveregeln

- Die Wähler: die Kardinäle

- Das Kollegium der Kardinäle heute

 

Kandidaten für die Papstnachfolge:

- die Italiener

- die Westeuropäer

- Lateinamerikaner

- die Geheimtipps und Außenseiter

 

 

 
Seitenanfang 
weitere News