Kreuz & Quer

Dienstag, 17. 04. 2007, 22.30 Uhr in ORF 2

 

 

Themenabend zum Thema Wunschkind und künstliche Kindererzeugung

"Wunschkinder": Das ist der Schwerpunkt in der zweiten Ausgabe des neuen "kreuz und quer". Mit dem Film "Engel auf Eis" werfen Frauke Sandig und Eric Black nach Kalifornien, dem Wunderland der künstlichen Kindererzeugung.

Im Bundesstaat von Gouverneur Arnold Schwarzenegger kann man sich sein Wunschkind im Internetkatalog zusammenstellen. Der Kontrapunkt dazu ist die Reportage "Das etwas andere Wunschkind" von Michael Cencig: Entgegen dem Trend hat sich die Vorarlberger Werbetexterin Simone Fürnschuß-Hofer bewusst ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt gebracht. Danach folgt ein "kreuz und quer"-Studiogespräch über die Reproduktionsmedizin. Passend zum "kreuz und quer"-Schwerpunkt steht um 0.00 Uhr der Spielfilm "A.I. - Künstliche Intelligenz" (USA, 2001) auf dem Programm von ORF 2.

"Engel auf Eis" - Ein Film von Frauke Sandig und Eric Black

Kalifornien ist das Wunderland der künstlichen Kindererzeugung: Das perfekte Wunschkind hat die besten Aussichten auf einen glänzenden College-Abschluss und ist gespickt mit Genen, die Gesundheit, Schönheit und Leistungsfähigkeit versprechen. Das richtige Geschlecht und die gewünschte Hautfarbe kann man im Internet-Katalog auswählen. Der Markt boomt, Qualität und Nachfrage bestimmen den Preis - Eizellen von Starmodels und Spermaproben von Nobelpreisträgern sind heiß begehrt und teuer, die idealen Spender sind blond und blauäugig. In Kalifornien ist im Bereich der menschlichen Fortpflanzung mehr erlaubt und möglich als irgendwo sonst auf der Welt. Kontrolle oder staatliche Vorschriften gibt es kaum. Das zeigen die beiden Filmemacher Frauke Sandig und Eric Black im vielfach preisgekrönten "kreuz&quer"-Dokumentarfilm "Engel auf Eis".

Die Entwicklung des "Übermenschen"

Die Verheißung perfekter Kinder ist eine neue Variante des amerikanischen Traums. Wer wird Einspruch erheben, wenn es möglich ist, Embryos auf mehr als 2.000 genetisch bedingte Krankheiten zu testen? Wird dann noch jemand freiwillig riskieren, Kinder auf die altmodische Art zu bekommen? Cappy Rothman, Präsident der weltgrößten Samenbank, sagt, dass es bald so einfach sein wird, den genetischen Code zu verändern, als schriebe man auf einer Schreibmaschine. Auch der angesehene Forscher Gregory Stock erklärt, die Entwicklung eines neuen, im Labor designten "Übermenschen" sei unaufhaltsam: "Was wir heute mit Schafen und Fruchtfliegen machen können, machen wir morgen mit Menschen." Welche gesellschaftlichen Folgen werden genetische Unterschiede haben, deren Erwerb sich nur eine Minderheit leisten kann? In einem Punkt sind sich Gegner und Befürworter der Genmanipulation einig: Sie wird zu einem biologischen Kastensystem führen und die Gegensätze zwischen Privilegierten und Unterprivilegierten weiter verschärfen - zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe, zwischen Gesunden und Kranken, zwischen der ersten und dem Rest der Welt.

Der Engel der Unfruchtbaren

Bill Handel, der beliebteste und aggressivste Hate-Radio-Talker der Westküste, fühlt sich zerrissen: Angstvoll beschwört er die Gefahr einer neuen Eugenik. Andererseits ist die Fortpflanzungsindustrie das Geschäft von Handel, dessen Großeltern in Auschwitz ermordet wurden: Er ist Besitzer der weltgrößten Agentur für Leihmütter und Eizellenspenderinnen. Die blonde und blauäugige Vorstadtschönheit Kari ist seine gefragteste Spenderin. Sie fühlt sich als Engel der Unfruchtbaren und spendet aus reiner Gutherzigkeit, wie sie sagt. Nebenbei finanziert sie mit dem Honorar ihre Ausbildung und die Babysitterin für ihre eigenen Kinder.

Los Angeles 

Welcher Ort wäre für die neue Art der Fortpflanzung besser geeignet als Los Angeles, das mit Körperkult und Fitnesswahn die Künstlichkeit und die Verbannung von Krankheit, Alter und Tod zum Credo erhoben hat? In eindrucksvollen Bildern zeigt der Film die Zukunft der menschlichen Reproduktion, wo sie längst begonnen hat. Persönliche Geschichten von Eizellenspenderinnen, Leihmüttern, Samenbankpräsidenten, Genforschern, Radiomoderatoren, erwachsenen Designerbabys, unfruchtbaren Paaren und feministischen Anwältinnen fügen sich zu einer Struktur, für die Spielfilme wie "Short Cuts" und "Magnolia" Modell standen. Wie in diesen ist Los Angeles auch hier die Kulisse für die die filmische Erzählung. Die Kamera ist immer in Bewegung und folgt den Menschen durch ihren Alltag - im Auto, zu Fuß, oft mit der Steadicam. Nicht zuletzt spielt die Stadt selbst eine Hauptrolle. Ihre Straßen mit endlosem Verkehr, die Strände der Reichen und Schönen, die glänzend weißen Laboratorien und die schmucken Vorstadtvillen kontrastieren mit den armen Gegenden der Immigranten und der nächtlichen Industrielandschaft. Der Film visualisiert den Traum von der absoluten Perfektion, vom perfekten Körper und der Käuflichkeit des Lebens - von dem der größte Teil der Gesellschaft ausgeschlossen bleibt.

 

Die 90-Minuten-Version dieses Dokumentarfilms von Frauke Sandig und Eric Black, Produktion: Umbrella Films, hat bereits an zahlreichen Festivals teilgenommen: Sundance Film Festival 2005, Visions du Réel, Nyon (Auszeichnung: Prix du public de la ville de Nyon), Sydney International Film Festival, HotDocs, Toronto, IDA DocuWeek, Vancouver International Film Festival, Sheffield Int. Doc. Festival, Guangzhou Int. Documentary Festival, FICCO Mexico (Auszeichnung: Special Jury Mention), Frauenfilmfestival Creteil (Auszeichnung: Prix Graine de Cinephage) u. a.; Vorauswahl Deutscher Filmpreis 2006.

 

 

"Das etwas andere Wunschkind" - Eine Reportage von Michael Cencig

Während manche Menschen keine Kosten und Mühen scheuen, um sich ein perfektes Designerbaby zu beschaffen, hat sich die Vorarlberger Werbetexterin Simone Fürnschuß-Hofer für ein Wunschkind der anderen Art entschieden: Sie hat ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt gebracht - entgegen der heutzutage üblichen Praxis. Denn mehr als 90 Prozent aller Schwangerschaften, bei denen das Down-Syndrom diagnostiziert wird, werden abgebrochen. Fürnschuß-Hofer präsentierte anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tags am 21. März ihr Buch zum Thema. Der Titel: "Das Leben ist schön. Besondere Kinder, besondere Familien". Zu bei der Präsentation Gast ist u. a. der Spanier Pablo Pineda - der bisher einzige Europäer mit Down-Syndrom, der ein Hochschulstudium absolviert hat. Die von Michael Cencig gestaltete Reportage "Das etwas andere Wunschkind" erzählt darüber hinaus vom Alltag der Familie Fürnschuß-Hofer und thematisiert die Entwicklung des Down-Syndrom-Kindes Valentin, dessen Kreativität besonders gefördert wird.

 

Steven Spielbergs "A.I. - Künstliche Intelligenz"

Im Anschluss an "kreuz und quer" zeigt ORF 2 um 0.00 Uhr - passend zum den Themen "Engel auf Eis" und "Das etwas andere "Wunschkind" - Steven Spielbergs "A.I. - Künstliche Intelligenz". Der Science-Fiction-Film, basierend auf der Kurzgeschichte "Supertoys Last All Summer Long" von Brian Aldiss, war ursprünglich ein Projekt von Stanley Kubrick, das er allerdings noch vor seinem Tod an Steven Spielberg abgab. Und darum geht es: David, der erste auf Liebe programmierte Kinderroboter, wird von Familie Swinton adoptiert. Deren leiblicher Sohn Martin ist todkrank. Künstlich in Tiefschlaf versetzt wartet er auf die Entwicklung einer Therapie. Kaum geheilt, kehrt dieser heim und provoziert die Verstoßung des artifiziellen Bruders. Von seiner "Orga-Mutter" Monica im Wald ausgesetzt, beginnt für David eine Odyssee, in deren Verlauf er sich sehnlichst wünscht, ein Mensch zu werden.