News 11. 09. 2003

Erschöpfter Papst unterbricht in Bratislava erste Rede

Papst Johannes Paul II. zeigte bereits bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Slowakei gesundheitliche Schwäche. Seine Begrüßungsrede am Flughafen von Preßburg (Bratislava) brach er am Donnerstagvormittag nach wenigen Worten ab und ließ sie vom Vatikan-Regierungsbeamten Robert Urland verlesen. 

Die abschließenden Worte der Rede sprach der Papst allerdings wieder selbst. Johannes Paul II. mahnte in seiner von Urland verlesenen Rede, im europäischen Einigungsprozess nicht auf die reichhaltige christliche Tradition des Kontinents zu vergessen. "Gebt euch nicht mit der Suche nach wirtschaftlichen Vorteilen zufrieden", betonte der Papst angesichts der bevorstehenden EU-Beitritts der Slowakei. "Denn großer Reichtum kann große Armut verursachen". Nur eine Gesellschaft, die allen Schwierigkeiten und Opfern zum Trotz "das menschliche Leben in allen ihren Formen respektiert und die Familie als Ort gegenseitiger Liebe und menschlichen Wachstums fördert, das Allgemeinwohl sucht und für die Bedürfnisse der Schwächsten sorgt, kann eine Zukunft auf festem Boden sichern".

Nicht die erste Vertretung

Das an der Parkinson-Krankheit leidende Oberhaupt der Römisch-katholischen Kirche hatte sich in der Vergangenheit bereits häufiger von Priestern beim Verlesen von Ansprachen in schwierigen Sprachen helfen lassen. Bei der Rede in Bratislava hat der Papst diese Hilfe jedoch zum ersten Mal offenbar wegen akuter Erschöpfung in Anspruch genommen. 

Schuster: Papst ist "hohe moralische Autorität"

Staatspräsident Schuster dankte dem Papst für den dritten Besuch in seinem Land - nach 1990 und 1995. Die Slowakei identifiziere sich mit den jüngsten Äußerungen des Papstes zur EU und mit seiner Forderung, "dass ethische und zivile Werte die Grundlage der Organisation jeder Gesellschaft bilden müssen". Schuster bezeichnete den Papst als "hohe moralische Autorität", die in aller Welt für Solidarität und für ein menschenwürdiges Leben aller Völker eintrete. "Hier gibt es in der heutigen Welt noch viel zu korrigieren", so der Präsident.

Treffen mit Politikern

Vom Flughafen aus fuhr der Papst im Papamobil zur Nuntiatur in Bratislava, wo er nacheinander Gespräche mit dem slowakischen Präsidenten, mit Parlamentspräsident Pavol Hrusovsky und Ministerpräsident Mikulas Dzurinda führte. 

Debatte um Abtreibungsgesetz

Kirchenvertreter erwarten sich vom Papst während des Besuches auch klare Worte zum politischen Streit um die Abtreibungsgesetzgebung.

Im Juni hatte die liberale Regierungspartei Allianz des neuen Bürgers (ANO) mit Hilfe der Opposition im Parlament eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts durchgesetzt. Bei genetischen Schäden des Embryos soll ein Schwangerschaftsabbruch künftig bis zur 24. Woche möglich sein. Die Christdemokratische Bewegung (KDH) forderte daraufhin die Abberufung der ANO-Minister, die im Ministerrat auch gegen das Kulturabkommen der Slowakei mit dem Vatikan stimmten. Der Koalitionsstreit liegt auf Eis, nachdem Staatspräsident Schuster im Juli sein Veto gegen das Gesetz eingelegt hat und es vom Verfassungsgericht geprüft wird.

Seligsprechung am Sonntag

Am Donnerstagabend wollte Johannes Paul II. einen privaten Besuch in der Kathedrale des 60 Kilometer entfernten Tyrnau (Trnava) unternehmen. Die 102. Auslandsreise führt den Papst auch in die Städte Banska Bistrica (Neusohl) und Roznava (Rosenau). Höhepunkt ist am Sonntag die Seligsprechung von zwei Märtyrern der kommunistischen Verfolgungszeit - des unierten Bischofs Vasyl Hopko und der Ordensfrau Zdenka Schelingova.

 

 

 

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